Nur die Ruhe – und ein Lächeln
Was bleibt uns in Erinnerung von einer Reise? Diese Frage haben wir uns schon häufiger gestellt, nicht zuletzt mit Blick auf unsere Weltreise, nachdem wir dann länger wieder in Deutschland waren. Was ist das Besondere an der Fremde, von dem wir zehren, von dem wir auch weit nach der Reise noch mit Strahlen in den Augen berichten, das wir mitnehmen in den Alltag und noch lange im Herzen tragen?
Natürlich erlebt man unterwegs aufregende Dinge, sieht man atemberaubende Landschaften, kommt zuweilen an seine Grenzen oder kann einfach nur wunderbar entspannen und sich verwöhnen lassen. Was aber meiner Meinung nach wirklich hängen bleibt, ist der Eindruck von den Menschen, denen man unterwegs begegnet. Ihre Art, ihr Wesen – vielleicht auch ihre Andersartigkeit. Wir erinnern uns, wenn sich etwas abhebt von dem, das uns im Alltag erfährt. Menschen hinterlassen Spuren.
An was wir uns auch heute noch gerne und häufig erinnern, wenn wir an unsere Besuche in Südtirol denken, ist die Herzlichkeit, mit der wir überall begrüßt wurden. Eine Offenheit, Freundlichkeit und Gelassenheit, die ihresgleichen sucht und die uns in Berlin leider nicht überall umgibt. Südtiroler Herzblut, das – zugegebenermaßen – häufig auch mit einer guten Portion liebenswerter Verschrobenheit einhergeht…
TIROLER HERZBLUT
Stell dir vor, du bist auf dem Rad unterwegs und nicht sicher, ob du auf dem richtigen Weg bist – also fragst du nach. Zum Glück findet man überall hilfsbereite Menschen, die geduldig weiterhelfen – das gilt natürlich auch außerhalb von Südtirol. Unterwegs am Sonnenberg in Meraner Land war es dann aber so, dass uns ein Apfelbauer am Wegrand nicht nur freundlich die Richtung gewiesen hat, sondern zum Abschied noch einen toller Aufenthalt gewünscht hat und viel Freude in dieser schönen Region und überhaupt alles Gute und und und… Mit einem ehrlichen, herzlichen Lächeln. Wir sind einfach immer wieder begeistert von der Aufrichtigkeit und Gastlichkeit, die uns überall in Südtirol entgegengebracht wurde.
Grundsätzlich steht Südtirol eher für familiäre Atmosphäre – alles irgendwie klein und fein. Bereits im letzten Sommer, als wir auf dem Meraner Höhenweg unterwegs waren, hatten wir stets äußerst gemütliche Unterkünfte. Und auch bei unserem letzten Besuch im Schnalstal war jede Einkehr einzigartig. Gleich, wo wir übernachtet haben, ein besonderer Zauber wohnte jeder Herberge inne. Da knarren die Stufen, knarzen die Betten und sind die Deckenbalken auch mal etwas windschief – verwöhnt wird man aber trotzdem immer auf Sterne-Niveau, auch kulinarisch, wie zum Beispiel im Oberraindlhof mit eigener Hauben-Küche.
PROBIER’S MAL, MIT GEMÜTLICHKEIT
Ein Ort, den wir besonders lieben im Schnalstal, ist das kleine Dorf “Katharinaberg” (heißt wirklich so – und nein, der Name ist nicht der Grund, warum es da so nett ist, oder vielleicht nur ein bisschen!). Egal, ob man unten im Tal oder oben am Berg unterwegs ist – schon von weitem sieht man das Wahrzeichen der kleinen Gemeinde auf einem Bergsporn (das Wort musste ich neu lernen) thronen, auf 1.245 Meter Höhe: Die urige Pfarrkirche samt hochmoderner (!) Friedhofskapelle.
Hier drehen die Mühlen noch langsam, hier ist der Hahn noch der Chef auf dem Feld, die Zeit scheint stehengeblieben. Und genau das, macht diesen kleinen Ort so liebenswert. Katharinaberg bzw. Santa Catarina liegt übrigens auch direkt am Meraner Höhenweg. Im letzten Jahr haben wir dort bei der Bauernfamilie vom Montferthof übernachtet, in einem Gehöft, dessen Bau auf das Jahr 1812 datiert wird.
TOMATENSUPPE? ZU EXOTISCH!
Abschließend noch folgende kleine Episode aus dem Schnalstal zum Stichwort Originalität und Genuss: Wir dachten eigentlich, jeder liebt die großartige südtiroler Alpenküche mit einer Mischung aus herzhaften, regionalen Zutaten und einem zarten italienischen Einschlag. Hier werden die Spinatknödel mit Parmesan bestreut und Pasta als Zwischengang vor dem Gulasch serviert. Am Berg mussten wir dann aber lernen, dass die “Alten” im Tal, die richtigen Originale, das zum Teil doch etwas anders sehen: “Tomatensuppe? Pah, zu exotisch!”
Was die alten Herren wohl von der Knödel-Degustation in der Goldenen Rose in Karthaus halten würden? Gastgeber Paul Grüner, selbst ein südtiroler Original und zufällig auch der Besitzer des Refugio Bella Vista auf dem Schnalstaler Gletscher, dass wir euch bereits vorgestellt hatten, sagt dazu nur (natürlich mit einem breiten Lächeln): “Das steht für Identität und Heimat. Eben Südtirol von seiner charmantesten Seite.” – dem können wir nur beipflichten und haben sehr gerne durch ganz und gar “exotische” Knödel-Kreationen mit Trüffel, grünem Spargel und weißer Mousse geschlemmt. Ein Hoch auf die Südtiroler Gastlichkeit!