5 Tage 5 Gletscher – Kaunertaler
Wir befinden uns im Jahre 2017 n. Chr. Ganz Tirol ist von Skifahrern besetzt… Ganz Tirol? Nein! Ein von unbeugsamen Snowboardern eisern verteidigter Gletscher leistet der vermeintlichen Übermacht an Wintersportlern auf zwei Brettern erfolgreich Widerstand…
So oder ähnlich muss das Intro für unseren letzten Stopp auf dem fünftägigen Trip entlang der Tiroler Gletscher wohl lauten. Denn, hey, wir sind im Kaunertal angekommen. In der Wiege des Boardsports!
EINE STRASSE MIT CHARAKTER
Vom kleinen Dörfchen Feichten aus schlängelt sich eine imposante Gletscherstraße bis hinauf ins Skigebiet. Nicht immer ist der Weg das alleinige Ziel, diese Straße ist aber dennoch ein absolutes Highlight. Im Sommer ist die Mautstraße ein durchaus kostspieliges Vergnügen – dank Skipass im Winter können wir uns die Gebühr heute glücklicherweise sparen. Der Weg führt vorbei an einem imposanten Stausee, viele, viele Serpentinenstraßen hinauf und immer weiter in Richtung Winterwonderland. Wir parken am ersten, tiefer gelegenen Parkplatz und steigen entspannt vom Auto um in den Sessellift (so dass wir am Nachmittag ebenso entspannt die breite Abfahrt zurück zum Auto nehmen können) – alternativ kann man die Gletscherstraße auch bis zum Ende durchfahren und direkt am Ski Karussell kostenlos parken. Frei nach dem Motto: Aussteigen, anschnallen, losfahren. Gelaufene Meter oder vereiste Treppenstufen: Null.
Diese Barrierefreiheit wissen auch viele Wintersportler mit Handicap zu schätzen. Ganz selbstverständlich steht hier und da immer wieder ein Rollstuhl in der Gegend rum. Sein Besitzer – auf der Piste natürlich! Extrem lässig!
Burkhard ist, genau wie Henryk, auf Skier unterwegs – diese Exoten! Liegt es am entspannten Ambiente, dass es so viele Snowboarder auf den Kaunertaler zieht? Vielleicht. Ein Grund ist sicherlich, dass das Kaunertal eines der ersten Skigebiete in Österreich war, die vor über 30 Jahren das Potential der damals noch völlig neuen Trendsportart “mit dem einen Brett” erkannte. Hier entstand eine der ersten Halfpipes der Alpen, Events wie das Kaunertal Opening werden schon seid über 30 Jahren ausgetragen und haben inzwischen echten Kultstatus. Neben der inzwischen etwas in die Jahre gekommenen Halfpipe von damals gibt es den hochmodernen Kaunertal-Snowpark – einen fetten Funpark mit unterschiedlichsten Jumps und lustigen Obstacles. Auf zum „Shredden“! Aber hey, bloß keinen Stress!
DIE LETZTE BREZEL VOR ITALIEN
Wir stehen an der Bergstation der Karlesjoch Gondel. Der einzigen Gondel im Gebiet. Auch in dieser Hinsicht ist der Kaunertaler irgendwie anders, als die anderen Gletscher. Hier geht es nicht ausschließlich um “höher, schneller, bequemer”. Die Prioritäten sind hier definitiv anders verteilt. Der Gletscher ist ohnehin immer in Bewegung, die diversen Doppelschlepper können ein Lied davon singen – und am Ende ist ein gut geshapeder Funparc und ein paar steile Abfahrten den Boardern immer wichtiger, als ein warmer Po im beheizten Sessel. Beim Rumsitzen im Schnee wird das Boarderpopöchen sowieso schnell wieder kühl!
Zurück zur Bergstation. Wir blicken mit träumerischen Blick ins gegenüberliegende Tal – nach Südtirol. Entlang des Grats, auf dem wir stehen verläuft die offizielle Staatsgrenze zwischen Österreich und Italien. Und wie schon Sölden und das Pitztal, hat auch der Kaunertal große Pläne. Eine Liftverbindung ins Nachbarland soll in ein paar Jahren eine spannende zusätzliche Freeride-Option ermöglichen. Klingt super. Und bis es soweit ist, genießen wir hier oben noch ein wenig die Ruhe und die herrliche Aussicht.
SAG ZUM ABSCHIED LEISE SERVUS…
Ein richtig schöner letzter Tag war das, auf unserer Entdeckungstour entlang der fünf Tiroler Gletscher. Und das Fazit zum Kaunertaler? Klein, aber fein. Sehr fein. Ein lauschiges Plätzchen. Hier ist man (vor allem als Boarder) noch unter sich. Und das ist auch gut so! So geht unser Gletscher Winter also mit einem fulminanten Finale zu Ende – aber… Schluss ist noch lange nicht!
THE MOUNTAINS ARE CALLING – AND I HAVE TO GO!
Drei Wochen später – ich schaue aus dem Fenster, selbst in Berlin liegt mittlerweile etwas Schnee. Ich denke zurück an die weißen Gipfel von Tirol und sinniere über die unzähligen Möglichkeiten, die sich jetzt bei Neuschnee auf den Gletschern ergeben würden. Ahhhhhh! Und dann ich erinnere ich mich wieder, was wir am Hintertuxer “gelernt” haben: It’s Time to leave your Office. Time to hit Some snow, Bitches!