Absolute Giganten
Die Spannung ist greifbar. 30.000 Menschen starren gebannt auf die kleine Leinwand neben der Tribüne. Die Uhr zählt unerbittlich – jede hundertstel, jede tausendstel Sekunde. Dann erscheint ein Fahrer am oberen Pistenrand…
Und ohrenbetäubender Jubel bricht los!
Dass wir an jenem Wochenende Anfang Januar im schweizerischen Berner Oberland tatsächlich einen Skiweltcup sehen würden, hätten wir nur einen Tag vorher nicht wirklich geglaubt. Und die Veranstalter selbst wohl auch nicht. Denn die Vorzeichen für die Rennen am Samstag und Sonntag in Adelbden standen denkbar schlecht…
24 Stunden zuvor…
Rückblick – Freitagmorgen, Flughafen Tegel, 9 Uhr. „Aufgrund einer technischen Störung und eines fehlenden Ersatzteils verspätet sich unser Flug nach Zürich auf unbestimmte Zeit.“ Und dies war nur die erste Hürde, die es für uns an diesem Tag zu nehmen galt. Tatsächlich wussten wir an diesem Morgen nicht einmal, ob es sich überhaupt lohnen würde, von Berlin nach Zürich zu fliegen um von dort aus weiter ins Berner Oberland zu fahren. Unser Ziel Adelboden war nämlich seit Mittwoch durch einen Erdrutsch auf der Straße ins Tal von der Außenwelt abgeschnitten. Für wie lange noch? Völlig ungewiss.
Der Flieger startete schließlich doch noch und dank der wie immer zuverlässigen Schweizer SBB erreichten wir am Nachmittag entspannt Frutigen, Ausgangspunkt unseres „Abenteuers Skiweltcup“ und Endstation für alle, die weiter in Richtung Adelboden wollten. Neben uns tummelten sich Journalisten, internationale Teams und hunderte Helfer in dem kleinen Ort am Rande der Berner Alpen. Kein Weg führte weiter ins Tal Richtung Weltcup Strecke. Die Zufahrtstraße nach Adelboden war durch das Unwetter der Vortage so stark beschädigt, dass die einzige Möglichkeit darin bestünde, eine Behelfsbrücke zu bauen. Und zwar innerhalb der nächsten Stunden. Bis dahin wurde eine Luftbrücke eingerichtet, um wenigstens das Material für den Aufbau der Rennstrecke zu transportieren. Ein Dorf im Ausnahmezustand. Und wir mittendrin.
Darf ich vorstellen: s’Vogellisi
Am späten Abend dann die erlösende Nachricht: Die Brücke steht, ab 6 Uhr früh am Samstag ist die Straße ins Tal wieder befahrbar. Aufgeregt besteigen wir am nächsten Morgen den Shuttlebus zum „Worldcup Village“, wie es so schön heißt. Normalerweise lägen wir jetzt noch daheim im Bett, holen um halb zehn entspannt Brötchen, machen uns Kaffee und schauen dann gemeinsam den ersten Lauf des alpinen Skirennens gemütlich im Fernsehen. Wie oft hatten wir uns gefragt, wie es wohl wäre, derlei einmal live zu erleben. Heute sollten wir es erfahren…
Bereits im Bus ein erster Vorgeschmack: Fahrer und Gäste singen gemeinsam das Adelboden-Lied „Vogellisi“: Wenn i nume wüsst wo s’Vogellisi wär, s’Vogellisi chunt vo Adelbode her. Adelbode liit im Berner Oberland, s’Berner Oberland isch schön… Ah, ja. Stimmung machen können sie hier auf jeden Fall. Und alle fiebern mit! Wie groß die Begeisterung für dieses Weltcup-Wochenende wirklich ist, erleben wir dann, als wir schließlich auf dem Gelände ankommen. Schweiz-Fahnen soweit das Auge reicht. Es wird getanzt, musiziert, gesungen und getrunken. Und das schon ab morgens um 10 Uhr. Als gebürtige Rheinländerin und bekennender Jeck durchläuft mich sofort ein heißer Schauer. Alaaf! Das ist ja wie Karneval. Wir lassen uns mitreißen von der Fröhlichkeit um uns herum und stimmen mit ein: ja, z’Oberland ja, z’Oberland, z’Berner Oberland isch schön!
Breath in, breath out…
Wir fahren hoch auf den Chuenisbärgli – zum Starthang. Das Reiseblogger-Leben hat so seine Vorteile: „Zugang Media“ steht auf unseren Badges – und das heißt, wir dürfen nach oben ins „Fahrerlager“ und live dabei sein, wenn Hirscher, Kristoffersen und Co. ins Rennen gehen. Meter für Meter im Lift entfernt sich das Tröten, der Gesang und das Läuten der Kuhglocken im Tal. Unter uns glänzt die Rennpiste und entblößt ihre ganze Macht: Steil ist sie – und hart. Der eisig präparierte Hang im Schatten der mächtigen Gipfel wirkt live noch gewaltiger als im Fernsehen. Wie mag es den Fahrern vor dem Start gehen, wenn sie in genau diesem Lift hinaufschaukeln? Mit dem Wissen, dass sie sich in Kürze mit Vollgas hier hinabstürzen müssen. Risikobereitschaft, Mut, Erfahrung und fahrerisches Können – nur wenn alles passt, hat man eine Chance auf den Sieg. Wird es heute passen? Als wir am Starthaus ankommen ist es still. Alle sind hochkonzentriert. Kein Wort zu viel. Der Countdown läuft…
Tanz auf dem Berg
Die Spannung steigt, wir wagen kaum zu atmen. Die ersten Fahrer gehen zum Start. Kameras werden in Position gebracht. Trainer, Helfer, Springer – sie alle starren gebannt auf den kleinen Bildschirm des TV-Teams. Die Uhr zählt rückwärts, die letzten Sekunden. Eine kleine Ampel springt von rot auf grün. „Lauf, lauf, lauf“, feuert das Team seinen Fahrer lautstark an. Und dann geht es los. Das Rennen ist gestartet. Hoffen, bangen, zittern. Niemand sagt etwas, alle starren weiterhin auf die Live-Übertragung. Darauf zu sehen: Ein Fahrer im Einklang mit dem Berg, in gleichmäßigen, wiegenden Bewegungen. Immer am Limit, kraftvoll, aggressiv – und dennoch in vollkommender Harmonie. Dann biegt er auf den Zielhang ein und damit direkt in den „Hexenkessel“ von Adelboden und in Sichtweite der Zuschauer. Ein Sturm brandet auf. Das Jubeln und Anfeuern der Fans im Tal dröhnt bis hinauf zu uns. Ich habe Gänsehaut am ganzen Körper…
z’Berner Oberland isch schön!
Zwei großartige Tage, einen Riesen-Slalom- und einen Slalom-Wettbewerb lang, zittern wir mit den Fahrern bei jeder Zwischenzeit, feuern sie aus voller Kehle an – und feiern mit den Siegern des Tages. Aber neben all dem Applaus für die sportlichen Leistungen, gibt es noch viele weitere, deren Schaffen bei all dem Jubel nicht vergessen werden darf. Wenn man sich überlegt, dass wir weniger als 12 Stunden vor dem Start des ersten Rennens noch nicht einmal wussten, ob wir ins Tal hinein kommen würden, gleicht es fast schon einem Wunder, was die vielen Helfer und das Organisationskomitee von Adelboden gemeistert haben. In zusätzlichen Nachtschichten haben sie einen Weltcup sichergestellt, bei dem in keinem Moment die Probleme der Vortage zu bemerken waren. Alles hat perfekt funktioniert – und einen Besucherrekord gab es obendrein. Chapeau! Und eines ist jetzt schon sicher: Am nächsten Wochenende auf der Couch, werden wir das Treiben im Fernsehen mit anderen Augen sehen…
Wir bedanken uns beim Tourismusverband Berner Oberland für die Möglichkeit, beim FIS Ski Weltcup in Adelboden dabei sein zu dürfen. Und bei den zehntausenden Zuschauern, die dieses Event zu einem fantastischen Erlebnis gemacht haben. Dieser Artikel beruht auf einer Presseeinladung, spiegelt jedoch uneingeschränkt die Erfahrung der Autoren wieder. Mehr Informationen zur Region Adelboden unter: www.madeinbern.com