Advent im Kaiserstuhl – mit allen Sinnen
Vor genau einem Jahr liefen die letzten Vorbereitungen für unsere Weltreise auf Hochtouren. Wenig Zeit, den Advent mit seiner vorweihnachtlichen Stimmung zu genießen. Ok, viele werden jetzt denken: Kein Drama – da verpasst man nicht wirklich was.
Süßer Glühwein, Kommerz und Konsum, überfüllte Innenstädte… Wer braucht das? Aber mal ehrlich, irgendwie gehört es doch dazu. Ohne Glühwein und selbst gebackenen Kekse fehlen einfach Szenen im typisch deutschen Weihnachtsspektakel. Umso mehr freuten wir uns auf das vergangene Wochenende im Kaiserstuhl – raus aus dem Alltag und rein in die badische Kleinstadt-Idylle, um mit allen Sinnen den ersten Advent zu erleben. Eine Genuss-Reise in mehreren Akten…
Prolog: Auf einen Glühwein zum Weihnachtsmarkt Burkheim
Als Starter “servierten” die Gastgeber (unsere Eltern) einen ersten Glühwein auf dem mittelalterlichen Weihnachtsmarkt im beschaulichen Burkheim. Zugegeben, wir waren in der Tat nicht die einzigen Besucher vor Ort, sondern mussten uns vielmehr im Schritttempo durch die schmalen Gassen bis zur Burgruine voran drücken. Aber besinnliche Stimmung kam bei klirrender Kälte, dem Geruch von heißen Maroni und einem ersten leckeren original badischen Winzerglühwein trotzdem auf.
Einziges Manko – da uns an diesem Tag noch ein kulinarisches Highlight bevorstand, mussten wir den appetitlichen Leckereien an den Ständen rechts und links von uns widerstehen. Keine Bratwurst, keine gebrannten Mandeln, kein Flammkuchen aus dem Holzofen. Schade eigentlich…
Erster Akt: Die alte Schnapsbrennerei
Ein Schild am Rande des Weihnachtsmarktes in Burkheim mit dem verheißungsvollen Titel “Schaubrennen” lockte uns in einen kleinen Hinterhof. Der Familienbetrieb Baumann öffnete dort seine Pforten und lud ein, die eigene Brennerei zu besichtigen. Kaum die Türen zu dem kleinen Raum mit den alten Kupferkesseln geöffnet, läuft man vor eine “Wand” aus warmer, alkoholgetränkter Luft …Da ist man schon beim Betreten der Brennerei ordentlich angetüdelt!
Ob Sauerkirsche, Zwetschge, Williams Birne oder Johannisbeere – alles wird bei den Baumanns zu Hochprozentigem verarbeitet. Bei unserem Besuch köchelte gerade Weintrester (= Rückstände von Trauben nach dem Pressen) im Kessel. Es blubberte ordentlich… und mindestens ebenso ordentlich entfaltet sich später die Wirkung des klaren Wässerchens. Die Männer in unserer Runde wagten den Selbstversuch, wobei der Sauerkirsch-Obstler das Rennen machte… Na denn, Prost!
Le grand finale: Sinneswandel in Endingen
Der Höhepunkt unseres Besuches im Kaiserstuhl war das “Sinneswandeln” am Abend in Endingen. Bereits im achten Jahr lädt die Künstlerin Milu zu diesem kulinarischen und künstlerischen Genuss. Vier unterschiedliche Menüs stehen zur Auswahl ergänzt von ausgesuchten Weinen aus der Region. Jeder Gang wird in einem anderen Restaurant eingenommen. Man wandelt also durch den Abend von Tisch zu Tisch und bekommt an jeder “Station” mehr als nur feinste Leckereien serviert: In jedem Restaurant stellt zusätzlich ein Künstler seine Werke aus und nach jedem Gang gibt es on top ein musikalisches Schmankerl in Form eines kurzen Konzerts. So wird nicht nur der Geschmacks- und Geruchssinn sondern gleichzeitig das Sehen und Hören angeregt. Der Sinneswandel ist aber vor allem auch ein geselliges Zusammensein. Zeit für Austausch, gute Gespräche und das ein oder andere Glas Wein – typisch badisch eben!
Unsere kulinarischen Höhepunkte des diesjährigen Sinneswandels waren der Wolfsbarsch mit Artischocken, Tomaten und Oliven im “Alten Wagenmann” sowie das Zweierlei vom Wildschwein in Merkle’s Restaurant. Zum Wild wurde ein vorzüglicher Spätburgunder Spätlese vom Weingut Probst gereicht. Musikalische sorgten vor allem das Gitarren-Trio “Cuadro Sur” mit spanisch-angehauchten Klängen bis in den späten Abend für Stimmung.
Epilog: Den Winter begrüßen
Nach so viel Völlerei sollte am Sonntag ein ausgedehnter Spaziergang durch die Weinberge rund um Vogtsburg-Achkarren folgen. Die Reben werden nach der Lese dem Winter überlassen, bevor sie im Frühjahr neu beschnitten werden. Entsprechend karg sehen die Weinstöcke aus. Aber die kalte Luft und die Bewegung taten gut, um den Kopf zu klären und die Müdigkeit zu vertreiben.