PS. Wer sich fragt, auf welch spannenden Pfaden wir auf diesen Bildern unterwegs waren. Bis auf das Bild vom Everest sind alle Fotos in den Zillertaler Alpen entlang des Berliner Höhenwegs entstanden. Unser Ziel: Das Friesenberghaus.
Berge machen (mich) glücklich
In einem zugegebenermaßen eher kitschigen Songtext der Band »Juli« heißt es: „Ich bin der Regen, du das Meer“. Im Falle von Henryk und mir müsste es eher heißen: Ich bin die Berge, er das Meer.
Wenn immer es zu der grundsätzlichen Frage kommt, welche der beiden genannten Optionen beim nächsten Trip angesteuert werden soll, scheiden sich unsere Geister erst einmal intuitiv. Ok, zugegeben, auch Henryk ist durchaus sehr gerne unterwegs in den Bergen – wie er zuletzt noch nachdrücklich bei seinem Gipfelsturm auf die Mutspitze in Südtirol bewiesen hat. Aber seine Liebe gehört dem Meer. Ich wiederum kann mich genauso wenig freisprechen von der Anziehungskraft des blauen Nass: Das Rauschen der Wellen im Ohr, der salzige Wind auf der Haut, die unendliche Ferne des Horizonts, Sand zwischen den Zehen und im besten Fall noch eine ordentliche Brise Knoblauch in der Luft und der Geruch von frisch gegrillten Fisch – hmmm, herrlich. Berge dagegen sind erst mal „nur“ imposant… und häufig eher karg… und vielleicht sogar ein wenig bedrohlich. Aber auch majestätisch, unerschütterlich – und einfach nur wunderschön. Berge machen glücklich!
Herz vergeben, Herz verschenkt…
In einem früheren Artikel habe ich bereits von meinem Traum berichtet, der mich jahrelang antrieb: Einmal wollte ich ins Himalaya Gebirge und den Mount Everest sehen. Ich kann gar nicht mehr genau sagen, wann dieser Wunsch entstand. Irgendwann nach dem Abi, glaube ich, als ich dachte, die ganze Welt würde mir zu Füßen liegen und alles möglich zu sein schien – da strahlte dieser höchste Berg der Erde die unendliche Faszination und Anziehungskraft von Freiheit und Grenzenlosigkeit auf mich aus. Zu Recht! Als ich dann im letzten Jahr das tibetischen Basislager erreichte und diesen beeindruckenden Gipfel tatsächlich vor mir aufragen sah, da wusste ich, dass ich mein Herz endgültig verloren hatte – an die Berge!
Ich denke, es ist weniger der Ehrgeiz, der mich auf die Gipfel dieser Welt zieht. Es ist vielmehr das Gefühl, erst dort oben wieder geerdet zu werden. Beziehungsweise auf dem Weg nach oben. Denn in den Bergen gilt mehr denn je: Der Weg ist das Ziel. Das eigentliche Erreichen des Gipfels beziehungsweise das Ende einer Etappe (es muss schließlich nicht immer nach ganz oben gehen) ist dann schlussendlich nur das Tüpfelchen auf dem “i”. Und Lohn aller Mühen! Denn fest steht: Einen Berg zu erklimmen, einen Höhenweg zu erwandern, einen Klettersteig zu begehen, einen Pass zu überqueren… das ist selten ein Spaziergang, sondern vielmehr eine Auseinandersetzung mit sich selbst, physisch und psychisch.
Die geistige Seilschaft
Man lernt unendlich viel über sich unterwegs – über seine Grenzen und wie man sie überwindet – und mindestens genauso viel über den Menschen, mit dem man unterwegs ist. In unserem Fall sind wir inzwischen ein eingespieltes Team “am Berg”. Eine Seilschaft im Geiste. Nähe und Vertrauen – nirgendwo sonst ist beides so zwingend notwendig und gleichzeitig so selbstverständlich wie in den Bergen. Im Alltag fällt es uns zuweilen schwer, ausreichend Zeit miteinander zu verbringen. Wir kommen aus dem Büro, gehen zum Sport, kümmern uns um das Abendbrot, schauen vielleicht noch gemeinsam einen Film, bevor wir erschöpft in die Federn sinken. Natürlich, ab und zu unternimmt man etwas, trifft Freunde, geht aus. Umso wertvoller ist und bleibt aber die echte Qualitätszeit OUT OF OFFICE – am Wochenende und natürlich unterwegs auf Reisen. Denn das sind die Tage, an denen wir uns endlich wieder intensiv erleben. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass auf den Pfaden durch die Bergwelt ganz schnell Gespräche entstehen, die eine andere Tiefe haben, als im Alltag. Ein anregender Austausch von Gedanken, Ideen und auch Wünschen für die Zukunft. Und selbst wenn wir stundenlang kein Wort sagen, sondern nur hintereinander gehen, gibt es einen stummen Austausch – und das Bekenntnis zueinander. Im Gleichschritt über rauschende Bäche, auf einsamen Wgen und in eisigen Höhen.
Ich kann wirklich jedem nur empfehlen, sich ab und zu mal einem Berg zu stellen. Nicht zuletzt, weil man in der Einfachheit ganz viel Reichtum entdeckt. In der Stille und der Einsamkeit der Berge reflektiert man viele Dinge des täglichen Lebens mit der nötigen Ruhe und Distanz. Manches verliert im Angesicht der imposanten Gipfel an Bedeutung oder rückt zumindest in ein anderes Verhältnis. Und das kann mitunter auch mal sehr gut tun. Um es einmal mehr mit den Worten unseres alten Bekannten Reinhold Messner zu sagen: “Wir steigen nicht auf Berge, um Gipfel zu erreichen, sondern um heimzukehren in eine Welt, die uns als neue Chance, als ein nochmals geschenktes Leben erscheint.”