Genusswandern mit Ruhepuls
Das Motto muss nicht immer lauten: Höher, schneller, weiter… Manchmal liegen die besonderen Momente in den einfachen Routen. Bei unserem letzten Besuch in Südtirol waren wir daher ganz entspannt unterwegs.
Mit Ruhe & Genuss auf familienfeindlichen Wegen.
Häufig werden wir gefragt, was man denn so Schönes in Südtirol machen kann. Von uns gibt es dann immer erst einmal diverse Gegenfragen: Sommer oder Winter? Aktiv oder Genuss? … Wer den Sommer für einen Besuch der Region wählt, dem empfehlen wir immer wieder gern den Meraner Höhenweg – eine 6-Tages-Wanderung, die wunderbar vielseitig ist und die Region mit all ihren Facetten perfekt repräsentiert. Uns ist aber durchaus bewusst, dass solch eine Tour nicht für Jedermann geeignet ist – die Runde ist als „mittelschwer“ eigestuft ist und erfordert neben ein paar Tagen Zeit Zeit auch einen gewissen logistischen Aufwand (durch Routenplanung und Reservierung der Unterkünfte) im Vorfeld, eine gute Grundkondition und eben auch ab und an mal Trittsicherheit und Schwindelfreiheit.
Daher haben wir für all jene, die es wandertechnisch gern etwas gemütlicher angehen, bei unserem letzten Besuch in Südtirol drei schöne, gemäßigte Routen ausgetestet, die alle wunderbar an einem halben Tag zu begehen und nicht übermäßig anstrengend sind.
Die Qual der Waal
Von „Qual“ kann man definitiv nicht sprechen, wenn es um die Südtiroler Waalwege geht. Im Gegenteil, Genuss wäre der deutlich passendere Begriff für die angelegten Wege entlang der bäuerlichen Bewässerungskanäle. Das beste: bei diesen Trails geht es ausnahmsweise mal nicht permanent bergauf und bergab.
Wer einmal den Zustieg vom Ortskern auf den Weg geschafft hat (auch das sind meist nur wenige Höhenmeter), kann sich auf eine angenehm ebene Wanderung freuen, vorbei an Apfelplantagen und Weinstöcken, durch kleine Wäldchen und vorbei an jeder Menge gemütlicher Gasthöfe, die zum Verweilen einladen. Besonders schön sind dabei die Ausblicke auf die umliegende Berge und die zahlreichen Burgen auf den Hügeln.
Wir haben uns übrigens den Marlinger Waalweg ab Lana ausgesucht. Ob dieser der schönste der vielen Waalwege ist, mag ich gar nicht beurteilen. Mit Sicherheit ist er aber ein sehr schöner Weg. Vielleicht entdeckt ihr aber selber noch den ein oder anderen – im Vinschgau, im Meranerland oder in den Dolomiten. Wenn euer Interesse geweckt ist, habt ihr nun die Qual der Wahl, bzw. der Waal. Hier gibt es eine komplette Übersicht aller Südtiroler Waalwege. Enjoy!
Passer Marsch!
Das Wasser der Passer ist das prägende Element unseres zweiten Tourenvorschlags – dem Passerschluchtweg. Und, ich kann es nicht anders sagen, das Passeiertal ist ein echtes Juwel im Meraner Land. Wir hatten uns bei unserem letzten Besuch in Pfelders gleich in die abgelegene Region verliebt und wollten unbedingt noch einmal wiederkommen. Zu beeindruckend sind die hohen umliegenden Berge, zu verlockend die Herausforderung doch mal eine der Passstraßen zum Jaufen und Timmlesjoch mit dem Rad zu bezwingen. Und auch Jogi Löw scheint die Region zu gefallen. Er wählte das Südtiroler Tal, um seine Jungs auf die WM 2014 vorzubereiten (mit Erfolg, wie wir alle wissen). Ein großes Banner am Fußballplatz in St. Leonhard, dem Ausgangspunkt unserer Wanderung, zeigt noch heute die Helden von Brasilien. Doch genug vom Fußball – wir wollen schließlich von schönen Wanderungen berichten…
Der Passerschluchtweg, der von St. Leonhard bis nach Moos hinauf führt, ist noch relativ neu. Wer auf einer der unzähligen Brücken entlang der Route in die Tiefe mit dem reißenden Gewässer blickt merkt schnell, dass die Erschließung dieses Schluchtenwegs mit erheblichem Aufwand verbunden gewesen sein muss. Aber ein absolut lohnenswertes Invest, wie wir finden.
Zunächst wandert man noch auf Höhe des Flusses entlang saftiger Wiesen, bis der der Weg schließlich in den Wald hinein führt – stetig sanft ansteigend. Adrenalin-Junkies können auf halber Strecke einen Baumwipfel-Pfad meistern oder sich am Klettersteig mit Flying Fox versuchen. Eigentlich ist die Landschaft und der rund 6,5 Kilometer lange Weg jedoch aufregend genug.
Nach der imposanten knapp dreistündigen Wanderung freut man sich auch über die körperlich deutlich entspanntere Busfahrt von Moos zurück zum Ausgangspunkt und Parkplatz.
Übrigens kann man den Weg auch wunderbar mit Kids begehen – Kinderwagentauglich sind die Wege jedoch nicht. Und wem wir das Passeiertal nun etwas schmackhaft machen konnten, der erfährt hier noch, was neben tollen Wanderungen sonst noch alles passiert.
See oder Alm? Hauptsache entspannt!
Wandern in den Bergen ohne den Besuch einer schön gelegenen Alm? Undenkbar. Schließlich ist das kühle Radler oder das Gläschen Wein in Kombination mit einem beeindruckenden Panorama die beste Belohnung nach einem oft recht mühsamen Anstieg! Wenn eine Hütte als „die schönste Alm Südtirols“ gewählt wird, können wir euch diese natürlich nicht vorenthalten. Also stiegen wir in den Wagen und fuhren von unserer Basis, dem Bacherhof in Nals, erst einmal in Richtung Dolomiten, genauer gesagt Richtung Seiser Alm. Die steilen Granitfelsen des Rosengarten Massivs liegen quasi ums Eck. Vom kleinen Wanderparkplatz kurz hinter Völs führt der Weg zunächst am den Schildern nach in Richtung Weiher. Wenn dieser dann auch noch als „der schönste Weiher Südtirols“ gilt, würde es mich nicht wundern. Schwimmen mit Dolomiten-Blick wollte ich eh mal machen.
Weiter geht’s wahlweise die Forststraße oder den kleinen Pfad durch den Wald in einer guten halben Stunde hinauf zur Tuff-Alm. Hier oben, in exponierter Lage liegt die urige Hütte mit einer wunderbaren, großen Sonnentrasse – und einer ausgezeichneten Speisekarte. Alpakas streicheln und Ziegen füttern könnt ihr hier oben übrigens auch.
Wer nach dem kurzen Aufstieg noch nicht ausgepowert ist oder einfach noch weiter wandern will, der kann viele, viele weitere Kilometer im Naturpark Schlern zurücklegen, die Höhle von Einsiedler Migg erkunden und und und…
Ein kleiner Tipp für jede Wanderung in den Bergen: Das Wetter kann sehr schnell umschlagen. Es empfiehlt sich also immer eine leichte Regenjacke mit im Gepäck zu haben. Wir sind zum Ende unseres Trips in einen „kleinen Frühlings-Schauer“ geraten. Doch wie heißt es so schön: Es gibt kein schlechtes Wetter …
Unsere Zeit in Südtirol war natürlich mal wieder viel zu kurz, um alle Möglichkeiten zu entdecken. Aber vielleicht war ja der ein oder andere Vorschlag dabei, der Euer Fernweh angefeuert, die Wanderlust gesteigert, die Office-Flucht angeregt hat.
Ein kleines Manko haben alle drei schönen Routen übrigens doch: Es fehlt die „natürliche Barriere“. Oder anders gesagt, wirklich einsam seid ihr hier nur bei Regen oder wenn die Touristen ihr Frühstücks bzw. Abendbrot genießen. Andererseits ist es ja auch mal ganz nett, wenn man mit Gleichgesinnten Genuss-Wanderern unterwegs ist.
Hinweis: Dieser Beitrag entstand im Rahmen einer Reise auf Einladung des Südtiroler Verbands Roter Hahn. Er spiegelt jedoch uneingeschränkt die Meinung und Eindrücke des Autoren wieder.