Ode an das Pisten-Picknick
Eine meiner Lieblingsbeschäftigungen im Skiurlaub: Kleine aber feine Sozial-Studien. Still und leise beobachtet man im idyllischen Winterwonderland die skurrilsten, schönsten und zum Teil erschreckendsten Verhaltensweise unserer lieben Mitmenschen.
Jedem das seine – auch auf der Piste!
Da gibt es zum einen die Familien-Urlauber, die mit Kind und Kegel im vollgepackten Kombi – gerne auch gemeinsam mit einer befreundeten Familie – alle Jahre wieder in die altbewährte Pension (alternativ: Ferienwohnung) fahren, typische Selbstversorger, die auf den Terrassen der Berghütten belegte Brote, gekochte Eier und die Thermoskanne auspacken. Oder auch die Truppe junger Männer, häufig seit der Kindheit oder zumindest der Ausbildung befreundet, die einmal im Jahr „die Sau raus lassen“ wollen – natürlich bei deftigen Haxen und non-stop Aprés Ski, eingeleitet meist schon zur Mittagszeit auf der Hütte mit einem ersten, zweiten, dritten Schnapserl. Laut und eher aufdringlich, zuweilen aber ganz possierlich anzusehen, wenn sie sich wie Pfaue aufplustern und von ihren letzten Pisten-Erlebnissen schwärmen… bis sie von der Bank in der Hütte fallen.
Meine bessere Hälfte gehört zu der Spezis Mann, die vor allem den sportlichen Aspekt im Skiurlaub sieht. In der Konsequenz für mich heißt das in der Regel: Um sieben Uhr in der Früh geht der Wecker, um acht Uhr steht er in kompletter Skimontur mit großen, voller Vorfreude glänzender Augen vor mir und drängt auf Aufbruch, um die ersten Gondel des Tages zu erreichen. Frühstück? Überbewertet! Die Mittagspause darf maximal 30 Minuten betragen, ausgeruht wird im Lift, ins Tal geht es erst, wenn es dunkel wird oder der Lift-Mann drängt, weil er Feierabend machen will. Und das nennt sich dann Urlaub!
Entsprechend angenehm entspannt erschien mir nun das Angebot, ohne Henryk und seinen sportlichen Ehrgeiz, das Skigebiet Hochkönig nicht nur, wie zuletzt berichtet, durch die neuen smarten Datenskibrillen zu entdecken, sondern vor allem auch die kulinarische Seite der Region Ski Amadé kennenzulernen. Soll heißen: Von Hütte zu Hütte, Einkehrschwung zu Einkehrschwung – eine Genuss-Trilogie aus Skifahren, gutem Essen und leckeren Weinen. Das klang wie Musik in meinen Ohren!
Zwangspause im Schneesturm
Gleich zu Beginn meines Ausflugs konnte an Tag eins der besagten Trilogie leider nur bedingt Genüge geleistet werden. Dank Orkantief Felix wurde aus dem geplanten entspannten „Sunshine Cruising“ein waschechter Schleudergang in der Nebelsuppe. Nur wenige Lifte waren überhaupt geöffnet, der Wind blies uns um die Ohren und die Pisteen glichen einer weißen Wand ohne jegliche Konturen. Aber Am Ende gilt noch immer: Spaß ist, was man draus macht. Also rein ins Vergnügen – mit viel Gelächter trotzten wir den Bedingungen.
Pünktlich zur Mittagszeit gab es dann die erste wohlverdiente Pause. Endlich würde auch ich einmal in den Genuss kommen, in Ruhe einen ausgedehnten Hütten-Mittag zu verbringen. Anstelle eines schnellen Pisten-Picknicks mit Landjäger, Bergkäse, Baguette und Snickers zum Nachtisch, gab es frischen Salat mit Ofenkartoffel und Lachs, dazu ein Glas Weißwein und zum Nachtisch eine Runde Kaiserschmarrn für alle. Viele Hütten am Hochkönig bieten inzwischen deutlich mehr als Pommes und Schnitzel. Sie legen Wert auf qualitativ hochwertige, österreichische Küche mit regionalen Produkten und ausgesuchten Weinen – und das in ausgesprochen gemütlicher Atmosphäre. Eine Einladung zum Wohlfühlen und Verweilen!
Rund anderthalb Stunden verbrachten wir auf der warmen, kuscheligen Alm – dann endlich sollte es noch einmal zurück auf die Piste gehen. So langsam hatte ich doch Hummeln im Hintern. Aber Pech gehabt, inzwischen hatte auch der letzte Lift den Betrieb eingestellt. Die Lösung lag auf der Hand. Zurück den Berg hinauf und wieder hinein in die gute Stube auf eine weitere Runde “heiße Witwe”. Hmmm… Ein wenig mehr Sport hätte es schon sein dürfen.
Neuer Tag, neue Hütte…
Tag zwei am Hochkönig begann skitechnisch vielversprechender. Kaiserwetter und 30 Zentimeter Neuschnee über Nacht. Schade nur, dass unsere Genuss-Truppe dem Frühstück im Hotel und der Gemütlichkeit im Allgemeinen auch an diesem Morgen entsprechend Zeit einräumte und wir gefühlt so gar nicht von der Stelle kamen. Schmunzelnd musste ich an Henryk denken, der schier verzweifelt wäre beim Blick aus dem Fenster und dem tickenden Ührchen, das die verrinnende Zeit auf der Piste anzeigte. Ich gehörte nun zu einer ganz eigenen Spezis im Sozialgefüge Wintersport: Die entspannten Freizeit-Fahrer. Aber ich war noch nicht sicher, ob ich wirklich bereit dafür war, denn ich erwischte mich dabei, wie ich begann Pläne zu schmieden, doch noch Pistenbrote zu schmieren, um so mehr Zeit auf der Piste verbringen zu können – ohne Mittagspause, dafür eben mit schnellem Picknick zwischendurch… Henryk wäre so stolz auf mich gewesen!
Es half aber alles nichts, Genuss-Trilogie ist Genuss-Trilogie. Also rauf auf die Piste – und hinein in die Hütte. Nach gefühlten drei Abfahrten machten wir erst einmal wieder… Pause!
Zugegeben, die Steinbockalm ist eine wirklich tolle Hütte mit großer Sonnenterasse und einer gelungenen Mischung aus Tradition und Moderne. Auch hier geht das neue Genuss-Konzept der Skiregion Amadé voll auf. Viele vegetarische und sogar rein vegane Gerichte bedienen neben österreichischen Klassikern jeden Geschmack. Der Ausblick aus den Panorama-Fenstern lädt zum Verweilen ein. So folgte nach dem Essen der inzwischen obligatorische Nachtisch – diesmal waren es Waffeln… und noch ein Espresso… und ein Schnapserl und und und… Das Kaminfeuer prasselte munter vor sich hin.
Nach zwei Tage Genuss-Skifahren musste ich zugeben, dass ich eins wirklich zu vermissen begann: Das einfache, portable, jederzeit verfügbare, manchmal durch den Rucksack etwas gequetschte, immer ehrliche Pistenbrot. Liebevoll am morgen im verschlafenen Zustand zubereitet schmeckt es so einfach und gut – ob im Lift oder im Schnee am Pistenrand.
Lieber Henryk, ich verspreche dir, ich meckere zukünftig nicht mehr über die zu kurzen Pausen, sondern freue mich auf duftendes Baguette, herzhafte Landjäger, mit dem Leatherman abgeschnitten Käse und einem Schluck Wasser oder Rotwein aus der abgefüllten PET-Flasche. Pistenzeit ist wertvoll – verstanden… nur für den heißen Kakao am Nachmittag machen wir dann doch noch mal Stopp an der urigen Hütte… und genießen den Urlaub neben der Großfamilie und den Partyjungs.
Für alle Genuss-Fahrer, die Lust haben auf einen Einkehrschwung in der Skiregion Amadé und am Hochkönig gibt es hier mehr Informationen: www.skiamade.com