Rainforest to Rockies – das Abenteuer beginnt
Leichter Regen nieselt durch das dichte Laubdach und fällt auf das Wurzelwerk der gigantischen, alten Riesen um uns herum. Wir wandern über einen leicht feuchten Pfad, umrankt von sattgrünen Farnen, im Dickicht des Regenwaldes. Unsere Reise durch British Columbia beginnt anders, als wir es erwartet hatten – im Schatten jahrhundertealter Zedern.
Teil 2: On the road
Atemberaubend, einmalig, beeindruckend… Achtung, Spoiler! Die vielen Superlative, die wir im Vorfeld über British Columbia gelesen und gehört haben, stimmen tatsächlich allesamt. Mehr noch, der Staat an der Westküste Kanadas ist wirklich eines der zauberhaftesten Fleckchen Erde, die wir bisher bereist haben. Was jedoch nur bedingt stimmt, ist das (zu) einseitige Bild von British Columbia, das hauptsächlich von Bergen, Seen und Bären dominiert wird.
Natürlich gibt es sie – die weiten Landschaften mit majestätischen Gipfeln und wilden Wasserfällen. Und ja, es gibt auch Bären und viele andere wilde Tiere. Aber eben nicht nur das. Die vielleicht überraschendste Erkenntnis unserer Rundreise durch BC war, dass wir auf den rund 5.000 Kilometern, die wir in unserem Campervan zurückgelegt haben, durch sehr unterschiedliche Klimazonen und Vegetationen gefahren sind. Vom Regenwald an der rauen Pazifikküste über trockene Wüsten und Canyons bis hin zu mildem Seeklima mit fruchtbaren Böden, auf denen Wein angebaut wird. Aber fangen wir von vorne an….
From Sea to Sky auf der Route 99
Wir starten in den Tag (und auf unsere Rundreise) mit einem Spaziergang durch die dichten Wälder des Capilano Suspension Bridge Park, nur rund 15 Minuten vom Stadtzentrum Vancouvers entfernt. Die Überquerung der namensgebenden Hängebrücke, die in einer Höhe von rund 70 Metern über dem Capilano-Fluss schaukelt, stellt dabei sowohl für Henryk als auch für Mikkel überraschenderweise eine echte Herausforderung dar. Schlussendlich meistern beide mutig diese erste Aufgabe des Tages (da wissen sie allerdings noch nicht, dass bald schon eine noch größere auf sie wartet).
Der Capilano Suspension Bridge Park ist in jedem Fall eine tolle Möglichkeit, einen ersten Eindruck des kanadischen Regenwaldes zu bekommen. Und er bietet weit mehr als nur die aufregende Hängebrücke. Auf dem weitläufigen Gelände werden Natur aber auch die Geschichte und Kultur der First Nations spielerisch, vor allem für Kinder, sehr schön erlebbar gemacht. Sicherlich ist der Besuch im Park etwas touristisch geprägt, aber dennoch hatten wir alle großen Spaß – trotz des Regens an diesem Morgen. Aber was kann man von einem Regenwald auch anderes erwarten?
Nach rund zwei Stunden im Park verlassen wir endgültig die Metropolregion Vancouver und brechen mit unserem mobilen Heim für die kommenden drei Wochen auf in nördliche Richtung, auf den legendären ersten Abschnitt des Highway 99, dem „Sea-to-Sky“-Korridor. Hier gilt einmal mehr: Entlang der Strecke ist der Weg mindestens so schön wie das Ziel. Waren wir eben noch im dichten und feuchten Regenwald unterwegs, lichtet sich das Panorama bereits nach wenigen Kilometern – und tatsächlich kommt auch die Sonne zum Vorschein. Zu unserer Linken erstreckt sich der Howe Sound mit seinen vielen kleinen Inseln. Und dann tauchen am Horizont plötzlich die ersten Gletscher der Coast Mountains auf.
Der nächste Stopp auf der Route führt uns nach Squamish, dem „Outdoor-Playground von Vancouver“. Weniger als eine Stunde Fahrtzeit von Vancouver entfernt, bietet der Ort jede Menge Spaß und Action – von Ausflügen auf dem Wasser über Mountainbike-Trails bis hin zu optimalen Kletterbedingungen. Ein Ort ganz nach unserem Geschmack… Wir parken unseren Camper direkt am Wasser und genießen eine Weile einfach nur die Aussicht auf den Fjord bei einer Tasse Kaffee. Mikkel freut sich über den Spielplatz (mit Meerblick). Doch wir haben noch einiges vor heute und machen uns rasch weiter auf den Weg ins Wintersportparadies Whistler.
Übernachtungstipp auf der Route: Paradise Valley Campground nahe Squamish. Familienfreundlich, mit reichlich Platz und vielen zusätzlichen Freizeit-Angeboten. Fully-serviced.
Von Gipfel zu Gipfel in den Whistler Mountains
Whistler, das größte Skigebiet in Kanada, ist für Nordamerika das, was die Kitzbüheler Alpen für uns Europäer sind. Tatsächlich erinnert der Chalet-Stil der Hotels etwas an ein Alpendorf mit kanadischen Einflüssen. Ein durchaus mondänes und gleichzeitig anspruchsvolles Skigebiet, das natürlich auch im Sommer – beziehungsweise in unserem Fall im September – seinen Reiz hat. Wo im Winter die Pisten ins Tal abgehen, kann man im Sommer traumhafte Wanderungen unternehmen oder sich mit dem Mountainbike in die Tiefe stürzen.
Das im wahrsten Sinne des Wortes „Highlight“ in Whistler: Die Peak 2 Peak Gondola. Eine spektakuläre Seilbahn, die auf ihrer 4,4 Kilometer langen Fahrt die Berge Whistler und Blackcomb miteinander verbindet. Richtig abenteuerlich wird es, nimmt man – wie wir – an der Blackcomb Bergstation der Gondola noch einen weiteren eher rustikalen Sessellift hoch hinauf zum Gipfel. Kaum haben wir die anspruchsvolle Fahrt auf der kleinen Zweier-Bank über steile Felsspalten und tiefe Steilhänge hinter uns gebracht, werden wir mit einem fulminanten Ausblick von der Cloudraker Skybridge belohnt, einer gläsernen Aussichtsplattform, die den Blick über das gesamte Whistler-Tal freigibt. Und natürlich gelangt man zu dieser Plattform wieder über … eine Hängebrücke! Halleluja!
Mit fantastischen ersten Eindrücken und einem Vorgeschmack auf die Rockies im Gepäck steigen wir schließlich in unseren Camper ein und freuen uns auf die rund 100 Kilometer „super-scenic route“ auf dem Highway 99 bis Lillooet, die nun vor uns liegen. Dieser Streckenabschnitt entspricht ziemlich genau dem „typischen“ Bild, das man gemeinhin von British Columbia hat. Einsam windet sich die Straße durch eine imposante Bergwelt und entlang türkisfarbener Seeufer, bis die Steigung kurz vor Lillooet noch einmal Henryks ganzes fahrerisches Können abverlangt. Die Serpentinen sind eng und führen steil bergauf über einen Pass. Glücklicherweise sind wir gut eingewiesen worden, und dank des intensiven Einsatzes der Motorbremse schafft unser Camper die steile Straße auch, als es wieder bergab geht, ohne Probleme. Belohnt werden wir mit einem einmaligen Panorama weit über den Canyon in der Mündung des Fraser River.
Und einfach so finden wir uns erneut in einer vollkommen anderen Welt wieder…
Wild, wild… Western Canada
Kaum sind die letzten Gipfel im Rückspiegel verschwunden, verändert sich die Landschaft von einer Minute auf die andere. Der Highway zwischen Lillooet und Cache Creek bis nach Kamloops gleicht einer Szene aus einem alten Westernfilm. Einsames Farmland, trockenes, wüstenähnliches Klima, Goldgräberstimmung. Standen wir nicht eben noch in einem Skigebiet mit Blick auf schneebedeckte Gletscher?
Die untergehende Sonne taucht die Landschaft in ein rot-goldenes Licht und komplettiert die Illusion einer längst vergangenen Western-Welt. Und wie aus dem Nichts begegnen uns am Straßenrand auf einmal die ersten Schwarzbären. Friedlich suchen sie bei einbrechender Dämmerung an einem Flussufer nach Fressen Wow! Oder besser gesagt Yeeha!
Bevor es dunkel wird, steuern wir unseren Stellplatz für die Nacht an: Die historische Hat Creek Ranch, einer Art Western-Freilichtmuseum. Sie bietet einfache, aber zweckmäßige Übernachtungsmöglichkeiten für Camper und ein typisch kanadisches Frühstück am Morgen im angeschlossenen Restaurant. Mit wenigen Handgriffen fahren wir die Slide Outs aus und bauen unser Wohnmobil um für die Nacht. Ein klein wenig mulmig ist uns allerdings doch, als wir beim Einschlafen an die Bären denken, die wir nur wenige Kilometer entfernt gesehen haben. Ob wir diese Nacht wohl noch Besuch bekommen?
Unterwegs auf der Nationalparkroute
Am nächsten Morgen (kein Bärenbesuch, oder zumindest haben wir ihn nicht bemerkt) fahren wir auf dem Trans-Canada Highway No. 1 in südöstliche Richtung weiter. Wie auf einer Perlenkette reihen sich nun die Nationalparks aneinander: Glacier, Revelstoke, Yoho, Kootenaye, Banff (wobei letzterer schon im Bundestaat Alberta liegt) … Die Superlative beginnen sich wieder und wieder zu übertreffen. Sagenhaft schöne Landschaften und eine unendliche Weite (Platz gibt es hier in jedem Fall mehr als genug).
Wir halten unsere Tagesetappen eher kurz, um unterwegs ausreichend Zeit für Abstecher und Wanderungen entlang der Route zu haben – schließlich will man ja an dieser Traumlandschaft nicht nur vorbeidüsen. Wir genießen auch die Zeit auf den Campingplätzen in und um unseren Camper herum. Denn auch das gehört zum Roadtrip-Feeling in Kanada: Feuer machen, um Marshmallows zu schmelzen und Lachs zu grillen; gemeinsam den Tag ausklingen lassen und in den Sternenhimmel schauen, bevor wir uns in unseren gemütlichen Camper zurückziehen und für die Nacht einkuscheln.
Nicht alle Highlights auf unserer Route sind die typischen „Must Sees“, auch wenn Lake Louise und Moraine Lake sicher zu Recht auf jeder „Rocky Mountains Bucketlist“ stehen. Uns hat aber zum Beispiel der Revelstoke Nationalpark sehr gut gefallen. Die Panoramastraße „Meadows in the Sky Parkway“ (mit dem gleichnamigen Campground, den wir absolut empfehlen können) führt auf rund 26 Kilometern bis auf 1.300 Meter Höhe. Wer es sportlicher mag, kann den Trail Summit hinauflaufen. Vom Wanderparkplatz unterhalb des Hochpleateaus am Mount Revelstoke aus führt eine einfache Wanderung auf dem Upper Summit Trail tiefer hinein in den Nationalpark, zum Balsam Lake und zu verschiedenen Trails mit unterschiedlicher Länge und Schwierigkeitsgrad. Aber Achtung: You are in Bear Country…
Eine weitere zauberhafte Alternative zum Moraine Lake und Lake Louise, die von vielen Reisebussen und Tagestouristen aus Calgary angefahren werden, ist der Emerald Lake im Yoho Nationalpark. Wir steuern den See am späten Nachmittag an. Die meisten Besucher sind schon aufgebrochen. Einige Kanus paddeln noch auf dem türkisgrünen Wasser. Die Sonne färbt die umliegenden Berge in goldenes Licht, die Stimmung ist mystisch. Ganz friedlich und still liegt der See zu unseren Füßen, ganz im Gegensatz zu den tosenden Stromschnellen der „Natural Bridge“, die nur wenige hundert Meter vom See entfernt liegen und ebenfalls einen Abstecher wert sind. Mikkel schmeißt fleißig Stöcke ins Wasser, um zu überprüfen, wie schnell sie im wilden Wasser treiben.
Vor uns liegt nun der wahrscheinlich faszinierendste Abschnitt der Rocky Mountains. In den kommenden Tagen werden wir in Banff sein und anschließend auf dem Icefield Parkway in nördliche Richtung nach Jasper fahren. Eine Route, die wir bereits einmal im Winter bereisen durften, als wir zum Skifahren in den Rockies waren.
Gletscher, Gletscher und noch mehr Gletscher erwarten uns… Aber dazu mehr im nächsten Blogbeitrag.
Nützliche Tipps für die Planung und unterwegs
Wer den Besuch in British Columbia individuell und mit größtmöglicher Flexibilität gestalten will, für den ist ein Roadtrip im Campervan mit Sicherheit eine gute Wahl. Wir waren mit unserem RV-Vermieter CanaDream super happy. Sehr zuverlässige, gut ausgestattete Camper, schnelle und unkomplizierte Übernahme, gute Einweisung und super Service, wenn doch noch mal was sein sollte…
1. Camping
Man darf in BC übrigens „wild“ campen – allerdings nur außerhalb der Nationalparks und auch nur, wenn es nicht ausdrücklich verboten ist (durch entsprechende Schilder). Trotzdem haben wir es nicht bereut, dass wir im Voraus der Reise einige Zeit in die Planung und Buchung der Stellplätze für die Nach investiert haben. Bis Ende September ist noch Hauptsaison in BC und die schönsten Campgrounds, insbesondere in den Nationalparks, sind rasch voll. Es gibt einige so genannte „overflow“ Bereiche für Camper ohne Reservierung, die ansonsten keinen Platz für die Nacht haben, diese Plätze sind jedoch sehr begrenzt und rein funktional. Will man einen schönen Stellplatz mit Feuerstelle, Picknickbank und im besten Fall mit Bergpanorama, dann ist frühe Reservierung über den zentralen Buchungsservice der Nationalparks ratsam.
Sehr hilfreich war zudem das Angebot CanaDream Club unseres Campervan-Anbieters. Via App sind nicht nur private Partner-Campingplätze, sondern auch viele Touren und Freizeitangebote vor Ort eingetragen. CanaDream Gäste bekommen teilweise zusätzliche Rabatte auf die Services, die man auch direkt über die App buchen kann.
2. Sicherheit
Was ihr in jedem Fall dabeihaben solltet, ist ein Bärenspray, insbesondere für Wanderungen. Das gibt es in vielen Baumärkten in größeren Städten, wie beispielsweise Kamloops. Die Wahrscheinlichkeit eines Bärenangriffs ist nicht allzu hoch. Aber man ist unterwegs im Gebiet von Wildtieren, unter anderem von Grizzlys. Die Hinweise auf den Campgrounds und den Wanderparkplätzen sind entsprechend eindeutig: Verhalte dich angemessen (kein Essen außerhalb des Campervans oder der extra dafür vorgesehenen Bären-sicheren Aufbewahrungsboxen; sei laut und mach auf dich aufmerksam, wenn du unterwegs bist) und sei stets wachsam.
Wachsamkeit gilt natürlich auch in Bezug auf Waldbrände, ein Thema, das in British Columbia und Alberta zuletzt leider sehr präsent war. Wir haben selbst riesige abgebrannte Flächen gesehen unterwegs – und das führt einem die Kraft dieser Großfeuer noch einmal drastisch vor Augen. Wir hatten uns daher schon vor der Reise die App Alertable aufs Mobiltelefon geladen, die ähnlich wie in Deutschland die NINA-App Warnungen per Funk versendet, wenn in der Region, in der man sich gerade aufhält, ein entsprechender Katastrophenalarm ausgelöst.
3. Navigation
Ebenfalls hilfreich auf dem Mobiltelefon sind Offline-Maps, da Services wie Google Maps in weiten Teilen des Landes nicht funktionieren. Es gibt schlichtweg keinen Handyempfang in vielen Regionen. Schilder am Straßenrand weisen immer noch einmal explizit darauf hin („no signal and no gas station for the next 300 Kilometers“)…
Die richtige Vorbereitung und gute Planung sind also wichtig. Dann steht auch dem Abenteuer „Rainforest to Rockies“ nichts mehr im Wege!
Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer Kooperation mit CanaDream Campervans. Er beruht ausschließlich auf eigenen Eindrücken und persönlichen Erfahrungen der Autoren. Mehr Informationen zu der gesamten Fahrzeugflotte, zur Ausstattung sowie viele hilfreiche Tipps zur Reise- und Routenplanung findet ihr auf der Website von CanaDream.