Schneebrett vorraus
Ups, das war knapp! Ich stehe am Einstieg ins Gelände und schaue ungläubig nach unten. Soeben hat einer meiner vier Ski Buddies ein Schneebrett losgetreten und rauscht unkontrolliert schlingernd auf einem weißen Teppich abwärts. Noch steht er aufrecht, allerdings nur noch auf einem Ski. Der andere rutscht weiter ins Tal. Es sind keine Schneemassen, eher einzelne Schollen, sodass keinerlei Verschüttungsgefahr besteht. Trotzdem bläht sich der leuchtend rote Airbag seines Lawinenrucksacks auf. Der Spuk dauert keine fünf Sekunden, dann steht Klaus auch schon am seitlichen Ausläufer des Schneekegels und reckt den Daumen in die Höhe. Alles in Ordnung. Die Skifahrer im Lift über uns grölen und pfeifen vor Freude und Erleichterung. »Viel Spaß bei der Abfahrt« ruft mir einer zu. Ich stehe noch immer an der Abrisskante und beobachte das Geschehen weiter unten. So fühlt sich das also an, wenn im Gelände nicht alles nach Plan läuft…
RÜCKBLICK – 24 H FRÜHER
Es ist Freitagmorgen, mein Atem beschlägt in der kalten klaren Winterluft. Am Himmel ist keine Wolke zu sehen. Kaiserwetter – wie man so schön sagt! Ich sitze nicht am Schreibtisch in meinem Berliner Büro sondern stehe in voller Montur vor der Talstation der vor kurzem eingeweihten Flexenbahn in Lech Zürs am Arlberg. In meinen Händen die neuesten DPS Testski, im Rucksack sind neben Thermoskanne und Müsliriegel noch Schaufel, Pieps und Sonde verstaut. Wie schon im Vorjahr bin ich auch in diesem bei der Snow & Safety Conference, um meine Backcountry Skills zu verbessern und offiziell in die Wintersaison 2016/2017 einzuweihen. Die Snow & Safety Conference ist, wie der Name schon sagt, das Treffen der Freeride-Szene, bei dem das Thema Sicherheit im Schnee in Theorie und Praxis im Fokus steht – inklusive Materialtest, Lawinen-Workshops, einem Freeride-Tag mit Profis und diversen Vorträgen an den Abenden.
ÜBEN, ÜBEN, ÜBEN
An Tag 1 bin ich mit Ski- und Bergführer Gernot von der Skischule Zürs unterwegs. Auch wenn ich letzte Saison bereits einige Lawinenkurse besucht und diverse Tage abseits gesicherter Pisten unterwegs war, lasse ich keine Gelegenheit aus, um mein Snow-How aufzufrischen und den Umgang mit dem LVS Equipment zu trainieren. Denn wirklich jeder Tag mit den Experten ist Gold wert. Es reicht leider nicht aus, bergerfahrenen Leuten hinterherzufahren und auf deren Skills zu vertrauen. Um nicht nur richtig sondern auch schnell und effizient zu handeln, muss man einfach üben, üben, üben. Guide Gernot ist ein erfahrener Skiführer, der nicht müde wird, uns nützliche Ratschläge zu geben – auf und neben der Piste. Sein Ziel ist es, uns bestmöglich vorzubereiten, sollte doch mal etwas passieren. Ich ahne zu diesem Zeitpunkt noch nicht, wie schnell ich mein Wissen in der Praxis anwenden muss…
TAG 2 – KRASS, WAS GING DENN DA AB?
Zurück zu meiner bereits beschriebenen Ausgangslage. Alles scheint ok zu sein. Auf ein Zeichen hin rutsche ich seitlich der Lawinen-Abrisskante ab, mache zwei Schwünge und sammle den verlorenen Ski von Klaus ein. Bei den anderen angekommen analysieren wir dann die Situation und das Risiko, das wir bei der Wahl unserer Variante abseits der Piste eingegangen sind. Hangneigung bis ca. 40%, Kunstschnee-Verwehung auf einer Schicht Altschnee, keine Gefahr von Verschüttung, Gefahr von Verletzung durch Felsen im Gelände existent, jedoch gering… Unterm Strich war diese Situation trotz des Schreckens, den wir alle bekommen haben, ein perfektes Beispiel zum Üben unserer Skills – denn was bringt es, wenn man immer nur über Lawinen spricht, jedoch selber nie erlebt, wie schnell und unerwartet dann doch etwas passieren kann. Klaus war geistesgegenwärtig und hat sofort den Airback-Auslöser an seinem Rucksack gezogen. Er war schon einmal in einer ähnlichen Situation und hat heute sofort reagiert als der Hang abging.
Wir packen den Airbag zusammen, düsen zum Lift und löchern Ski-Profi Stefan, mit dem wir unterwegs sind, auf unserer anschließenden Fahrt bergauf mit Fragen zu seinen Erlebnissen und Erfahrungen am Berg als Freeride Profi. Genau wie Nadine Wallner, mit der ich bei der letzten Snow & Safety Conference im Tiefschnee unterwegs war, gehört Stefan Häusl zu den weltbesten Skifahrern und ist gesetzter Teilnehmer im Starterfeld der Freeride World Tour. Auf die Frage, wie er sich nach wie vor gegen die jungen Fahrer im Feld behaupten kann, antwortet er mit einem Augenzwinkern: »Die anderen machen vielleicht mehr Tricks. Ich aber fahre schneller. Und sturzfrei. Meistens.«.
Raus aus dem Lift geht es direkt wieder ins Gelände, auf der Piste rumrutschen kann schließlich jeder – auch, wenn der Schreck uns allen noch ein wenig in den Knochen sitzt. Die ein oder andere Stelle mit schönem Schnee machen wir an diesem Tag noch ausfindig. Trotzdem würde den Hängen Neuschnee schon gut tun. Aber die Saison ist jung, da geht schon noch einiges! Klaus hat nach dem Lawinenabgang am Morgen seinen Humor übrigens nicht verloren. Auf die Frage, wann und was wir zu Mittag essen wollen, sagt er trocken: »Ich hätte Lust auf Scholle. Schneescholle.«
Ich bedanke mich bei der Lech Zürs Tourismus GmbH für die Einladung zur Snow & Safety Conference und natürlich bei Gernot & Stefan für all die Tipps & Tricks und zwei tollen Tagen am Arlberg – der Wiege des alpinen Skilaufens.
Team OUT OF OFFICE
schrieb amLadies aufgepasst,
vom 12. bis zum 15.01.2017 läd das Freddie Paradies zu den WOMEN’S PROGRESSION DAYS by Lorraine Huber ein.
Hier gibt es mehr Infos zum Event – und ein nettes Filmchen ist auch dabei.
http://lorrainehuber.com/womens-progression-days-by-lorraine-huber/
Enjoy!