Patagonien, Chile 

Torres del Pain(e), so weit die Füße tragen

15. Februar 2014

Lieber Achim,
ja, du liest richtig, dieser Bericht ist vor allem für dich! Denn als wir uns vergangene Woche fünf Tage lang durch unterschiedlichste Vegetationen und Wetterlagen, über Stock und Stein, entlang türkisfarbener Seen und eisiger Gletscher den so genannten W-Trek im Torres del Paine Nationalpark voran arbeiteten, mussten wir häufig an dich und deine Abenteuer denken – und dass es dir und Heike hier sicher auch sehr gut gefallen würde!

Wandern ist meditativ…

… das habt ihr uns oft nach Euren Touren durch Schweden und Norwegen berichtet. Und ihr hattet Recht! Aber soweit waren wir an unserem ersten Tag im Torres del Paine noch lange nicht. Im Gegenteil, wir waren aufgeregt, voller Vorfreude …

Nachdem wir unser Gepäck-Dilemma erfolgreich gelöst hatten, stand dem Abenteuer „W-Trek“ nichts mehr im Wege. Es gibt übrigens unendlich viele Debatten darüber, ob man „das W“ besser von West nach Ost oder von Ost nach West wandert – am Ende sind beide Routen wunderschön und überhaupt kommt es vor allem aufs Wetter an, das die Sicht, das eigene Befinden und entsprechend die Be- oder Entschleunigung an jedem einzelnen Tag massiv beeinflusst.

Wir entschieden uns, im Osten zu starten und ließen uns vom Bus am frühen Abend am Refugio Norte rausschmeißen, um gleich in der Früh am nächsten Morgen die erste Wander-Etappe in Angriff zu nehmen.

Torres del Pain(e), so weit die Füße tragen
Torres del Pain(e), so weit die Füße tragen
Torres del Pain(e), so weit die Füße tragen

Tag 1 – Torres im Nebel

Voller Enthusiasmus stapften wir um 7 Uhr in der Früh los. Das Tagesziel war der Base Las Torres, ein Aussichtspunkt auf die Torres del Paine, drei spitze Felsformationen, die Wahrzeichen und Namensgeber des Parks sind. Da wir am Abend noch einmal im selben Refugio übernachten würden, hatten wir (zum Glück) nur den Daypack dabei. War auch so genug Geschleppe!

Nach den ersten 2,5 Stunden erreicht man die Hütte Chilenos – eine gute alternative Übernachtungsoption und in jedem Fall ein super Spot für das Frühstücks-Picknick mit Pulverkaffee, Baguette und Käse. Unser Gedanke galt euch, Achim und Heike, und den beliebten Brotzeiten im Bulli oder Kanu. Wie gut ein so einfaches Mahl schmeckt, wenn man zuvor sportlich unterwegs war!

Torres del Pain(e), so weit die Füße tragen

Nach der kurzen Pause an der Hütte führte uns der Weg eine gute weitere Stunde tiefer in die Schlucht hinein, stetig bergauf, durch dichte Wälder und schließlich über ein felsiges, karges Steilstück.

Das Wetter wurde leider immer trüber, es fing leicht an zu regnen, wurde kälter – und schließlich schneite es sogar. Die Torres und der vorgelagerte Bergsee sind uns an diesem Tag nur sehr vernebelt begegnet – aber die Stimmung am Ziel angekommen war trotzdem sehr besonders. Wir hatten das Ziel des ersten Tages erreicht – und nun ging es den ganzen Weg wieder zurück!

Tag 2 – “Fast wie in Norwegen”

Am zweiten Tage hieß es das erste mal, Sachen packen und mit dem gesamten Gepäck zur nächsten Destination marschieren. Das Ziel war das Refugio Cuernos – und das hieß, rund 4,5 Stunden entlang der Berge über eher leichte Hügel auf und ab wandern. Eine dankbare, kurze Etappe, die gut tat, nach dem ersten doch schon ein wenig anstrengenden Tag. Das beste: Die Sonne war uns  holt und bescherte uns großartige Ausblicke auf den riesigen Lago Nordenskjöld. Ja, das klingt nicht nur skandinavisch – auch die Landschaft erinnert an die norwegische Scherenküste.
Nur noch ein wenig schöner!

Torres del Pain(e), so weit die Füße tragen
Torres del Pain(e), so weit die Füße tragen

Da wir wieder früh gestartet waren, erreichten wir die Hütte Cuernos bereits gegen Mittag und genossen den Rest des sonnigen Tages auf der Terrasse mit Blick auf den See und das Bergpanorama, mit (teurem) Instantkaffee und EINEM Snickers, das wir uns auch noch teilten. Zur Erklärung: Unsere Vorräte waren aufgrund des Gewichtes streng rationiert – und die Schoki ein absoluter Luxus (und bald unser tägliches Highlight).

An diesem zweiten Tag stellte sich schon eine erste deutlich Entschleunigung ein.

Torres del Pain(e), so weit die Füße tragen

Tag 3 – so weit die Füße tragen

Regen war angesagt – und Regen kam. Schon in der Nacht prasselte es ordentlich aufs Dach unseres Refugios und ich war nicht das erste Mal sehr glücklich, dass wir NICHT wieder zelteten, wie zuletzt in Afrika. Ausgerechnet Tag 3 würde unsere längste und anstrengendste Etappe werden. Für die heutige Route ins Valles Francés und weiter bis zum Refugio Paine Grande waren rund zehn Stunden angesetzt…

Tapfer wanderten wir um halb sieben in der Früh los. Am Camp Italiano (ein Zwischen-Camp, an dem man nach rund 2,5 Stunden den großen Rucksack stehen lassen kann, um die weiteren sechs Stunden ins Valle Francés und zurück nicht mit dem gesamten Gepäck machen zu müssen) war der Regen noch immer stark, die Sicht bescheiden, unsere Stimmung eher verhalten. Als uns der nette Park Ranger dann noch mitteilte “That´s Patagonia – no chance to go today” waren wir etwas ratlos. Sollten wir es dennoch versuchen?

Torres del Pain(e), so weit die Füße tragen

Wir gingen los, um dann doch bald wieder umzukehren. Planänderung! Und Plan B lautete: Wir versuchen, bis mittags (statt erst am Abend) am Refugio Paine Grande zu sein, dort die Klamotten abzugeben, um ohne Gepäck noch zum Gletscher weiter zu laufen – der wäre eigentlich für Tag 4 vorgesehen. So könnten wir am letzten Tag statt zum Gletscher noch einmal zurück kehren zum Valle Francés und dann bei hoffentlich besseren Wetter einen neuen Versuch starten. Soweit die Idee…

Wir schafften es bis halb zwölf zum Refugio, wärmten und kurz auf (Instantkaffee war unser steter Begleiter geworden!) und gingen dann weiter entlang des Lago Grey zum ziemlich beeindruckenden Gletscher.

In der Früh waren wir bereits 4,5 Stunden unterwegs gewesen und hatten nun noch rund sieben weitere vor uns. Doch inzwischen hatte die meditative Kraft des Wanderns eingesetzt. Die Gespräche waren weniger, aber intensiver geworden. Wir genossen die Stille und Einsamkeit (wenn man von den vielen anderen “Hola!” rufenden Trekking-Fans absah), philosophierten über die Arbeit, die Auszeit, das Leben – und wurden belohnt mit wahnsinnigen Panoramen und Sonne am Nachmittag.

Achim, erinnerst du dich an unseren gemeinsamen Ausflug auf die Zugspitze? Und wie solch ein Tag sich mit jedem Schritt entwickelt und verändert? Genauso war es auch an diesem. Als wir abends um halb acht endlich zurück im Refugio ankamen, war dieser Tag so voller Eindrücke gewesen, dass wir es fast nicht glauben konnten, das so viele Eindrücke an nur einem Tag auf uns eingeprasselt waren.
Soweit die Füße tragen … Sie trugen uns exakt bis zum Refugio, aber keinen einzigen Meter weiter. Wir waren nach insgesamt 13 Stunden unterwegs nur noch erschöpft – und glücklich.

 

Tag 4 – Abschied nehmen

Unseren heroischen Plan, am letzten Tag noch einmal den verpassten Abschnitt im Valle Francés nachzuholen, konnten wir leider nicht in die Tat umsetzen. Es wären erneut rund zehn Stunden Wanderung gewesen und um den letzten Katamaran um 18 Uhr zum Parkausgang zu erwischen, klingelte der Wecker bereits um halb 6 Uhr in der Früh. Aber nach einer prüfenden Bewegung aller Gliedmaßen mussten wir uns körperlich geschlagen geben. Wir waren beide zu erschöpft, um uns weitere zehn Stunden und den Zeitdruck am Abend zumuten zu wollen – obwohl es ein traumhafter Tag zu werden versprach.

Torres del Pain(e), so weit die Füße tragen

Wir beschlossen, eine weitere Wanderung entlang des Lago Pehoe zu unternehmen, die zwar nicht mehr wirklich zum “W” gehört, aber trotzdem sehr schön und vor allem menschenleer war. Gute vier Stunden genossen wir noch einmal die traumhafte Kulisse schneebedeckter Gipfel und glasklarer Seen bei bestem Kaiserwetter, bevor wir dann entspannt am Mittag das Boot zum Parkausgang nahmen und uns damit leider vom Torres del Paine verabschieden mussten.

Nun fehlt uns ein kleines Stück des “W-Treks” – so ein Mist, müssen wir wohl noch einmal wiederkommen und die Tour vollenden! Vielleicht hast du ja Lust, uns zu begleiten? Es würde dir bestimmt genauso viel Spaß machen, wie uns! Zugegeben, es war auch mit etwas “Pain” verbunden, die Muskeln waren müde, der Rücken schmerzte, wir waren hungrig und dreckig – aber wir konnten das Grinsen die nächsten Tage nicht aus dem Gesicht bekommen.

Lieber Achim, wir wünschen dir zum Geburtstag alles Gute und dass du weiterhin so fröhlich durch die Welt wanderst. Dass dir und Heike das Reisen weiterhin viel Kraft gibt, egal ob es euch in fremde Länder, auf hohe Berge oder in einen neuen Lebensabschnitt nach Endingen führt … Weiter so!

PS. Noch ist der Platz als Reisebegleiter nach Nepal frei …

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3 comments

    Episch geiler Bericht!
    Coole Bilder…euer Tag 3 klingt ja mal so ultra krass. Aber genau…einfach nochmal in den Park und die Mission beenden.
    Diesen Park kann man nicht oft genug besuchen. Habe mir auch noch die ganze Runde vorgenommen.
    Viel Spass weiterhin….

    Antworten

    … sacht bescheid … habs damals gar nicht gepackt.

    ps: wann ist nepal 😉

    Antworten

    Im Juni gehts nach Kathmandu, und vorm nächsten Mal Torres del Paine schreibe ich noch mal ne Rundmail…

    Antworten

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