In love with Trinity
Unsere Reiseroute entlang Neufundlands Ostküste führte Katharina und mich unter anderem an die Trinity Bay. Und schon nach zwei Tagen in der kleinen Hafenstadt ging es mir wie Neo, dem Helden aus „The Matrix“. Ich war verliebt – in Trinity.
Während Katharina am Nachmittag die Vorzüge unserer komfortablen Unterkunft genießt, mache ich mich auf zu einer kleinen Fotorunde. Weit komme ich jedoch nicht. Auf der Terrasse vom Restaurant Twine Loft werde ich sogleich „verhaftet“: Zwei reizende Däninnen, die ihren Weißwein in der Sonne zu sich nehmen und anscheinend in Plauderlaune sind, haben mich nach wenigen Minuten in ein Gespräch verwickelt. Nachdem ich mich dann doch losreißen kann, treffe ich nur wenig später auf dem Weg durch den Ort auf andere »alte Bekannte«: Chris vom Whalewatching kommt mir in seinem Pickup entgegen und hält sogleich an, um sich zu erkundigen, wie es so läuft, ob wir die Zeit genießen und wie die weiteren Pläne sind. Vor dem lokalen Schokoladen Shop treffe ich unseren Kellner vom Dinner am Vorabend und plaudere mit ihm über seine Reisepläne nach Europa, auf Höhe der Holzkirche rufen mir die beiden Däninnen von der Terrasse noch eine gute Weiterreise nach… Hätten wir noch etwas mehr Zeit in Trinity, dann werde ich als nächstes womöglich vom Pfarrer noch auf ein Bier eingeladen.
Doch zurück auf Anfang – zwei Tage zuvor… Jenseits des Motorways führt uns eine kurvenreiche Straße vorbei an einem vorgelagerten See und weiter hinauf auf einen Hügel. Der Blick von oben über die Bucht von Trinity ist beeindruckend. Wow! Zeit für einen ersten Fotostopp. Ja, unser Lonely Planet hatte nicht zu viel versprochen. Von der Anhöhe aus sieht der kleine Küstenort mit seinen unterschiedlich farbigen Holzhäuschen wirklich sehr hübsch aus. Die Sonne scheint, die Lupinen leuchten. Die erste zarte Kontaktaufnahme ist schon mal sehr vielversprechend.
Wobei, zunächst begegnen wir dem Ort, der tatsächlich den gleichen Namen wie der Hollywood-Blockbuster aus den 90er Jahren trägt, durchaus auch mit etwas Skepsis. Laut dem Reiseführer soll uns zwar ein sehr malerischer Ort mit historischen Gebäuden und gepflegten Vorgärten erwarten, gleichzeitig sei er jedoch auch ein touristischer Hotspot und in seiner Perfektion schnell etwas langweilig.
Doch, wie uns schon die Erfahrung aus vergangenen Trips immer wieder gelehrt hat, macht es stets Sinn, sich eine eigene Meinung zu bilden anstatt voreingenommen zu einem Blind Date zu gehen. Neugierig machen wir uns auf den Weg…
Let’s get in touch!
Erst einmal folgen wir dem Duft nach frischem Kaffee ins Trinity Mercantile, einer Mischung aus Bäckerei und Buchhandlung, das zu unserer großen Überraschung tatsächlich eine eigene Rösterei beherbergt. Meine ungläubigen Blicke registrierend, werde ich gleich vom Röstmeister angesprochen und in ein Gespräch verwickelt. Wo bezieht er die Bohnen, wer wird beliefert, wo kommt die Röstanlage her, welche Blends sind die besten und und und. Wahrscheinlich hätten wir noch eine gute Stunde plaudern können – doch wir wollen noch in Ruhe unsere frischen Sandwiches am Hafen verspeisen, bevor es weiter zum Whalewatching geht.
So läuft das eben in Kanada! Die Menschen sind alles andere als kontaktscheu oder introvertiert. Mein Bauchgefühl sagte mir, dass mir der Ort gefallen wird.
Allerdings sind nicht nur die Menschen sondern auch die Tiere in Trinity ausgesprochen offen für jegliche Kontaktaufnahme. Hat euch schon mal ein Wal begrüßt? Nach der Bootstour mit Chris von Sea Of Whales waren wir total geflashed. Wer die riesigen Meeressäuger schon einmal so intensiv erleben durfte wie wir in den knapp drei Stunden auf dem Zodiac, zehrt noch lange von solch einer Erfahrung. Hier geht es übrigens zu weiteren Bildern und Eindrücken von dieser beeindruckenden Tour…
Um in Trinity Wale zu sehen, muss man aber nicht zwingend einen Bootsausflug machen. Bei einem Spaziergang entlang der Küste stehen die Chancen ebenfalls nicht schlecht. Am Abend machen wir noch einmal einen kurzen Abstecher zu der vorgelagerten Halbinsel von Trinity mit ihrem rot-weiß gestreiften Leuchtturm – und plötzlich sehen wir zwei Mink Wale bei der Jagd unterhalb der Klippen, nur wenige Meter vom Ufer entfernt. Vor uns der hübsche Leuchtturm, rechts der offene Atlantik und links die Bucht mit den bunten Häusern am Ufer. Oh ja, Trinity gibt sich wirklich Mühe uns weiter zu beeindrucken – dabei sind wir es doch schon längst…
Also, eine absolute Empfehlung, wenn es euch mal nach Trinity verschlagen sollte: Lasst euch in keinem Fall von der holprigen Straße zum Leuchtturm abschrecken. Dieser Ort ist wirklich mystisch und zählt definitiv zu den schönsten Spots unserer Reise durch Neufundland!
Liebe geht durch den Magen
Später kehren wir im Twine Loft ein. Hier Gast zu sein fühlt sich an, als wäre man zu Gast bei Freunden. Den Aperitif mehmen wir auf der kleinen Terrasse des Restaurants direkt am Wasser zu uns. Die alten Fischernetze, Seile und Hummerkörbe fügen sich perfekt in die Szenerie. Schnell kommen ins Gespräch mit einem Paar, das neben uns Platz genommen hat. Wir plaudern über das Reisen, über besondere Orte und über genau diese Terrasse. Die beiden sind in diesen Tagen nicht zum ersten Mal im Twine Loft essen. Später am Abend verstehen wir auch, warum.
Das Dinner in der gemütlichen Stube mit offener Küche nehmen wir zusammen mit der Hausherrin Tineke, einer gebürtigen Niederländerin, und ihrer Tochter Marieke ein. Als Tineke als Auswanderin vor vielen Jahrzehnten erstmals nach Trinity kam, war es noch ein verschlafenes Nest. Aber ein durchaus hübsches Nest. Sie kaufte sich ein altes Fischerhaus für 5.000 Dollar und nutze dieses als privates Feriendomizil. Die Urlaube häuften sich, ein zweites historisches Haus wurde erworben und restauriert und später zum Gästehaus umfunktioniert. Dann ein drittes,… Inzwischen ist Tineke eine erfolgreiche Geschäftsfrau und verawaltet eine Vielzahl der Häuser im Dorf. Denn auch wenn die nächst größere Stadt mehrere Fahrtstunden entfernt ist. Trinity hat einen ganz eigenen Charme, der schnell auf Besucher überspringt. Viele kommen mehr als nur einmal nach Trinity und viele, die kommen, bleiben länger als geplant, wie Tineke zu berichten weiß…
Das gemütliche Restaurant Twine Loft ist heute in der Hand ihrer Tochter, die erst vor zwei Jahren nach Trinity zurückgekehrt ist. Es werden nur lokale Produkte angeboten, die von Locals zubereitet und von Locals serviert werden. Anstatt einen Koch vom kanadischen Festland für die anspruchsvollen, internationalen Gäste anzustellen, haben die Damen zunächst selber das Kochen übernommen und später das Personal in der Küche angelernt. „Der Kuchen zum Nachtisch ist beispielsweise von der Frau unseres Oberkellners…“ Ein schönes, familiäres und vor allem ausgesprochenes köstliches Konzept, das inzwischen schon mehrfach ausgezeichnet wurde.
Kugelrund und um einige Anekdoten reicher verlassen wir zu später Stunde das Restaurant. Schade, der Abend ging viel zu schnell vorbei…
Hike more, worry less
Nicht nur der Ortskern ist traumhaft schön, auch die umliegende Küste beeindruckt mit phantastischen Ausblicken und rauer Natur, wie wir am zweiten Tag in Trinity feststellen. Wir entschließen uns, einer Empfehlung unserer Gastgeberinnen vom Vorabend zu folgen und den 5 Kilometer langen Skerwink Trail zu entdecken, der übrigens offiziell zu den schönsten Wanderungen Nordamerikas zählt.
Der Weg führt uns zunächst in einen Wald, dann kontinuierlich an den steil abfallenden Klippen entlang. Immer wieder laden Bänke ein zum Verweilen, Ausblicke zum Genießen, Abhänge zum Staunen… An vielen Passagen kann man die Flugkünste der Möwen bewundern und sich dabei den Kopf vom frischen Atlantik-Wind durchpusten lassen.
Und, um dem ganzen noch die Krone aufzusetzen (ihr merkt, wir sind an einem echten Happy Place), entdecken wir dann auch noch einem Elch beim Grasen. Idylle pur!
Was bleibt, nach 2 Tagen in Trinity…
Dass man nach nur zwei Tagen das Gefühl hat, willkommen, angekommen und Teil einer Gemeinde geworden zu sein, ist leider selten – aber ein tolles Gefühl. Besonders in Zeiten wo viele Menschen lieber Staatsgrenzen sichern, als sich gegenüber Fremden zu öffnen. Ich jedenfalls habe mich während der Tage vor Ort vollends in die kleine Gemeinde verguckt. Trinity ist so viel mehr ist als nur ein touristischer, perfekter Hot-Spot. Aber das erfährt man eben nicht in Reiseführern – sondern nur, wenn man sich auf das Leben vor Ort einlässt. Also, worauf wartet ihr noch…
Hinweis: Der Besuch in Neufundland erfolgte im Rahmen einer individuellen Recherchereise. Dieser Artikel basiert auf einer Einladung durch den Tourismusverband, spiegelt jedoch uneingeschränkt die Meinung der Autoren wieder.
Weiterführende Infos rund um Trinity, Neufundland & Labrador findet ihr auch hier:www.newfoundlandlabrador.com