Kanadas Westen – von springenden Lachsen & fliegenden Äxten
Der Moment, wenn der Lachs zurück ins Wasser springt. Das Rauschen des Windes am Gipfel mit Blick auf das prächtige Farbenspiel des Herbstes. Das Knistern des Kamins in der urigen Lodge… wenn aus Erlebnissen on the road bleibende Erinnerungen werden, die sich tief in ins Herz einbrennen. Unbezahlbar.
Teil 4: Off the beaten Tracks
Nicht alle Highlights einer Reise finden sich in den gängigen Reiseführern. Manchmal muss man Acht geben, um neben den ganzen Superlativen die kleinen Momente nicht zu verpassen, die eine Reise erst zu deiner ganz persönlichen Erinnerung machen. Nicht immer sind es ausschließlich die „Must Do’s“, die zählen. Es sind vor allem die „Can Do’s“, abseits der ausgetretenen Pfade.
Einen sehr besonderen Moment erlebten wir im Wells Grey Provincial Park, unserem nächsten Etappenziel, nachdem wir den Jasper Nationalpark und damit auch den Icefield Parkway endgültig hinter uns lassen.
Lachs-Rennen im Wells Grey Provincial Park
Wells Grey ist weitaus abgeschiedener und weniger erschlossen als viele andere Nationalparks in British Columbia, was unter anderem an der schieren Größe des geschützten Gebiets liegt. Es gibt nur eine einzige Stichstraße in den Park hinein, von der aus verschiedene Parkplätze als Ausgangspunkt für kleinere und größere Wanderungen (meistens zu recht imposanten Wasserfällen) angesteuert werden können. Von der asphaltierten Straße geht es weiter auf einer unbefestigten „Gravel Road“, die schließlich in einer Sackgasse endet. Ab hier muss man wandern – oder man lässt sich von einem Helikopter weiter hinauf in die Berge fliegen. Das nennt sich dann Heli-Hiking.
Andere Camper? Fehlanzeige. Es regnet in Strömen, als wir der matschigen Straße entlangrollen. Ein Abenteuer, das wir so nicht geplant hatten. Nach einer gefühlten Ewigkeit halten wir an einem einsamen Parkplatz und wandern auf einem dicht bewachsenen schmalen Trampelpfad, dem West Lake Loop. Der Boden ist rutschig und schnell sind wir ziemlich durchnässt.
Warum tun wir das? Was erwartet uns hier?
Wir haben das große Glück, in einem recht schmalen Zeitfenster zwischen Ende August und Mitte September hier zu sein. Und haben damit die Möglichkeit, einem ganz besonderen Spektakel beizuwohnen. Denn genau jetzt ist die Zeit des Salmon Run.
An der Bailey’s Chute, einem vom vielen kleinen Wasserfällen entlang des Clearwater Rivers, der durch den Provincial Park fließt, beobachten wir eine ganze Weile Chinook Lachse bei ihrem unermüdlichen Versuch, die Fälle zu überwinden. Es ist schon ein etwas absurdes Schauspiel, wenn die bis zu 22 Kilogramm schweren Pazifik-Lachse in riesigen Sätzen flussaufwärts aus dem Wasser springen – um dann mit einem lauten Klatscher wieder zurück ins Wasser zu platschen. Eine ganze Weile stehen wir nur da, am Ufer, und schauen den Tieren zu. Ganz allein. Nur die Natur und wir. Ein magisches Erlebnis und intensiver Kontrast zu den spektakulären Landschaften der letzten Tage.
Wenn ihr die Chance habt, Wells Grey und vor allem auch die Lachse zu besuchen, verpasst diese Gelegenheit nicht…
Wir bleiben über Nacht im Park und buchen uns einen Stellplatz auf der einfachen, aber zweckmäßigen Helmcken Falls Lodge. Am nächsten Morgen sind die schweren Regenwolken weitergezogen. Zum Abschied schenkt Wells Grey uns noch ein paar sonnigere Eindrücke, bevor wir uns endgültig weiter auf den Weg machen in südliche Richtung.
Welcome to the „Top of the World“
In keinem Reiseführer haben wir zuvor etwas über Sun Peaks gelesen. Den Ort haben wir eher zufällig in der App unseres Camper-Vermieters CanaDream entdeckt. Ein kleines, aber feines Ski-Gebiet, das im Winter ein echtes Powder-Paradies ist. Im Sommer zieht es vor allem die lokale Mountainbike Community an. Und jetzt auch uns!
Wir staunen nicht schlecht, als wir uns nach Whistler ein weiteres Mal in einer Art Alpendorf wiederfinden – allerdings deutlich kleiner als die Stadt am Blackcomb. Zu Fuß ist man in wenigen Minuten einmal durch den Ortskern gelaufen. Es gibt insgesamt fünf Lifte, von denen im Sommer allerdings nur zwei geöffnet sind für Mountainbiker, einen davon können auch Wanderer nutzen, um auf die Trails auf gut 2.000 Meter Höhe rund um denMount Tod zu gelangen.
Wir nutzen den Stopp in Sun Peaks für eine kurze Camping-Pause. Es gibt auch einen offiziellen RV-Stellplatz direkt bei der Lift-Station, wir entscheiden uns jedoch, für 2 Nächte in der Sun Peaks Lodge einzuchecken. Auch, wenn unser Wohnmobil wirklich sehr viel Komfort bietet und ein großes Platzangebot hat – nach inzwischen über zwei Wochen on the road tut diese Auszeit irgendwie gut. Wir schlafen in Ruhe aus und schlendern am Morgen gemütlich drauf los. Den ersten Kaffee des Tages und ein frisches Croissant gibt es im urigen Café um die Ecke. Die Sommersaison in den Bergen neigt sich dem Ende entgegen, die Blätter der umliegenden Wälder schillern bereits in allen erdenklichen Farben. Es ist gerade noch mild genug, um ein wenig auf der Sonnen-Terrasse zu verweilen. Später machen wir eine ausgedehnte Wanderung zum „Top of the World“ und genießen das fantastische Panorama – und ganz besonders die Stille hier oben.
Am frühen Abend besuchen wir Cleavage Axe Co. am Ortsrand von Sun Peaks und probieren uns im Axtwerfen. Mehr Kanada-Klischee geht wohl kaum, aber was sollen wir sagen… Das macht richtig Spaß! Während Henryk schon nach wenigen Minuten mit Geschäftsführer Dustin fachsimpelt, ob das Axtwerfen vergleichbar ist mit Darts spielen oder nicht, üben Mikkel und ich fleißig weiter die richtige Technik. Selbstverständlich bekommt Mikkel nur die Schaumstoff-Axt-Variante in die Hände. Und schon nach einigen Würfen klappt es bei uns allen überraschend gut – auch, wenn wir es nicht mit den Profis aufnehmen können, die später am Abend noch ein Turnier austragen.
Warum uns Sun Peaks so nachdrücklich in Erinnerung geblieben ist? Wahrscheinlich wegen der Mischung aus einem freundlichen, eher unaufgeregten und gleichzeitig landschaftlich sehr reizvollen Ort, der uns eingeladen hat anzukommen und durchzuatmen. Und das gepaart mit der Herzlichkeit der Menschen vor Ort, die alle Gäste mit ganz viel Wärme empfangen. Wir haben uns einfach von der ersten Sekunde an wohl gefühlt. Irgendwann kommen wir sicher auch noch mal wieder, um den Powder im Winter in Sun Peaks zu testen…
Tausche Camping gegen Glamping
Von Sun Peaks aus fahren wir weiter südlich in Richtung Okanagan Valley, einem fruchtbaren Tal und bekannten Weinbaugebiet von British Columbia. Obwohl wir inzwischen Ende September haben, ist das Klima hier wieder deutlich milder und trockener als zuletzt. Als wir am Ufer des Okanagan Lake kurz Pause machen und aus dem Camper steigen, weht uns ein warmer Wind um die Nase. Kein Wunder also, dass sich hier Weingüter und Obstplantagen angesiedelt haben. Kanadas einzige Halbwüste grenzt unmittelbar an das Tal an. Klapperschlangen und Kakteen in Westen Kanadas – das hätte ich so auch nicht vermutet…
Wir verweilen nicht allzu lange am Okanagan See, sondern lenken unseren Campervan gleich wieder eine steile und recht holprige Kurvenstraße hinauf zur einzigen Lodge am Chute Lake. Hier endet die Straße. Und wie ein Ende fühlt sich auch dieser einsame Ort an. Wie das Ende der Welt.
Rund um eine große Blockhütte sehen wir in etwas Abstand weitere kleine Holzhäuschen, ein paar Jurten und auf der Wiese am Ufers des kleinen Sees stehen Zelte. Eines davon werden wir für die nächsten zwei Nächte beziehen. Glücklicherweise haben alle Zelte einen Kamin zum Heizen. Und am Morgen können wir aus dem Bett direkt auf den See schauen. Camping deluxe, sozusagen!
Bei unserem Besuch in der Chute Lake Lodge schalten wir noch einmal völlig ab und lassen den Roadtrip der vergangenen Wochen Revue passieren. So viele Eindrücke, so viele Orte. Jetzt stehen wir still. Lesen in der Sonne auf dem Steg, eine Runde mit dem Kanu drehen, ausgedehnte Spaziergänge, Kartenspiele vor dem Kamin in der Lodge. Die Entschleunigung am Chute Lake ist das komplette Gegenteil vom Unterwegs sein der letzten Wochen. Wir merken, wie gut es uns tut, einfach in den Tag hineinzuleben. Ohne Plan, ohne Ziel.
Wir verlieren uns in der Ruhe dieses Ortes. Und das ist wunderbar – genau wie die gesamte Reise durch Kanada bisher.
Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer Kooperation mit CanaDream Campervans. Er beruht ausschließlich auf eigenen Eindrücken und persönlichen Erfahrungen der Autoren. Mehr Informationen zu der gesamten Fahrzeugflotte, zur Ausstattung sowie viele hilfreiche Tipps zur Reise- und Routenplanung findet ihr auf der Website von CanaDream.