Einmal Urlaub, bitte – gar nicht so einfach…
Wenn man mit viel Leidenschaft seit Jahren reist, dann ist eine Sache manchmal gar nicht so einfach: Urlaub machen! Wirklich nur „nichts tun“, entspannen, abschalten und vor allem: an einem Ort verweilen. Eine echte Herausforderung für unseren inneren Entdeckerdrang.
In den letzten Wochen ist es etwas ruhiger gewesen bei uns auf dem Blog und auch in den Social Media Kanälen. Das hat auch einen sehr guten Grund! Zuletzt war es schon nicht mehr zu übersehen und hat unsere Gedanken auch sehr bewegt – wir würden bald Eltern werden. Eine gemeinsame Reise Ende September nach Portugal war die letzte vor der „Babypause“. Nun sind ein paar Wochen vergangen und – tadaaa – seit kurzem hat unsere kleine Reisegruppe tatsächlich Zuwachs bekommen. Unser Sohn ist da!
Die vergangenen Tage waren entsprechend geprägt von großen Emotionen, viel Zeit für das gegenseitige Kennenlernen, um anzukommen daheim, um einen gemeinsamen Rhythmus zu finden. Da wird das Reisen selbst bei uns auch mal zur Nebensache…
Nun sitze ich an diesem Novembernachmittag gemütlich auf dem Sofa, das Baby liegt friedlich schlummernd neben mir. Er ahnt noch nichts von der großen, weiten Welt da draußen. Und er hat auch keine Vorstellung davon, wo er (noch im Bauch) in den vergangenen neun Monaten mit uns schon überall war…
Mission: Urlaub
Ein „To Do“, das wir uns in Anbetracht der zukünftig sicherlich trubeligen und für uns komplett neuen Situation des „Eltern seins“ für diesen Spätsommer noch vorgenommen hatten, lautete: Einfach mal Urlaub machen! Ein letztes Mal die Zeit zu zweit genießen. Sonne, Strand und Meer – süßes Nichtstun, la dolce Vita. Mit dieser Vorstellung buchten wir im Spätsommer für eine Woche eine kleines, hübsches Apartment mit Meerblick in Chia, im Süden Sardiniens. Eine Woche ohne Programm, ohne irgendeine Verpflichtung, ohne Foto-Auftrag und auch ohne den Anspruch, die gesamte Insel zu entdecken. Herrlich, oder?
Um es gleich vorweg zu nehmen: Urlaub machen ist gar nicht so einfach, wenn man die letzten fünf Jahre exzessiv gereist ist und mit neuen Orten immer auch Action, Sport, spannende Begegnungen, unterwegs sein… verbindet.
Tja, da saßen wir also auf Sardinien in unserem zauberhaften Garten, schauten auf das Meer, sahen die anderen Urlauber mit Luftmatratzen und Sonnencreme im Gepäck zum Strand pilgern, hörten den Animateur des nah gelegenen Hotelresorts die Gäste am Pool bespaßen – und wussten nicht recht etwas mit uns anzufangen. Können wir überhaupt noch „Urlaub“?
Yes, we can!
Wir beschlossen, uns der Sache Schritt für Schritt anzunähern. Das bedeutete auch, unser „gelerntes Verhalten“ nicht gleich komplett über Bord zu werfen, sondern ganz soft vom Reise- in den Urlaubsmodus umzuschalten. Wir ließen unserem Entdeckerdrang also vorerst noch freien Lauf und sprangen in den Mietwagen, um unser „Urlaubsrevier“ ein wenig besser kennenzulernen. Der Hausstrand von Chia war in jedem Fall schon mal recht beeindruckend: ein ewig langer und breiter Sandstrand mit viel Platz für uns zwei gestresste Großstädter zwischen all den herrlich aufgeregten italienischen Großfamilien, türkisblaues Wasser so weit das Auge reicht und (kein Scherz!) rosa Flamingos in der vorgelagerten Lagune. Das wäre durchaus eine Option zum Entspannen – ab morgen! Für den Moment zog es uns vorerst noch weiter die Küstenstraße SP71 entlang in Richtung der Marina de Teulada, knapp 30 Kilometer voller Serpentinen und mit traumhaften Ausblicken auf abgelegene Buchten, alte Wachtürme und immer wieder: das Meer!
Die Marina de Teulada selbst beherbergt neben diversen großen und kleinen privaten Segelschiffen auch einige Anbieter für Bootsausflüge. Das wäre doch ein super Programmpunkt! Denn so ganz ohne Plan konnten wir einfach nicht! Kurzerhand buchten wir einen Tagestörn für den nächsten Morgen. Das Programm stand – der eigentliche Urlaub musste noch etwas warten…
Schiff ahoi und Leinen los!
Bötchen fahren macht immer Spaß. Die Ausfahrt mit Kapitän Roberto, seinem Sohn und der Milmar stellte sich als absoluter Glücksgriff heraus. Morgens um 10:00 Uhr legten wir ab und bekamen zur Begrüßung erst einmal stilecht einen starken Espresso gereicht. Wir richteten uns zusammen mit den rund zehn weiteren Passagieren an Deck ein und ließen uns von da an den Fahrtwind um die Ohren wehen.
Der Tag plätscherte dahin – immer wieder gab es Badestopps in kleinen Buchten mit kristallklarem Wasser. Zu Mittag bekochte uns Roberto mit frischer Pasta und Muscheln und reichte dazu reichlich Wein, was der Stimmung an Bord sehr zuträglich war. Es wurde immer lauter, die Luft schwirrte voller Gelächter. Mit Händen und Füßen verständigten sich alle untereinander und hatten viel Spaß dabei. Wir waren uns schnell einig: ein Ausflug ganz nach unserem Geschmack. Als wir nachmittags zur „blauen Stunde“ zurück in den Hafen einliefen, mussten Henryk und ich uns eingestehen, dass sich dieser Tag schon ziemlich nach Urlaub angefühlt hatte!
Ulaubsmodus: On!
Tatsächlich fühlte sich auch die folgenden Tage überraschend schnell nach Urlaub an – und weniger nach Reisen. Der Entdeckerdrang war fürs erste gestillt, unser „Revier“ abgesteckt. Meist fuhren wir am Morgen zu einer der vielen Buchten zwischen Chia und der Marina, genossen dort unseren ersten Cappuccino und ein Cornetto dazu, paddelten mit der Luftmatratze eine Runde hinaus aufs Meer und machten uns wieder auf den Weg, wenn zum Mittag hin die Familien eintrudelten und der Strand voller wurde. Den Nachmittag verbrachten wir mit Lesen im Schatten auf der eigenen Terrasse, bevor wir uns am frühen Abend wieder aufmachten, um zum Sonnenuntergang einen Küstenabschnitt zu Fuß zu entdecken, und später noch in einer kleinen Trattoria einzukehren… Oh, du Süßer Müßiggang!
Schneller als gedacht, wurde uns das „Urlauben“ wieder vertraut. Und wir genossen es – an einem Ort zu sein, feste Rituale und liebe Gewohnheiten zu pflegen, in den Tag hinein zu leben… Ja, all das geht auf Sardinien ausgesprochen gut. Für ausgeprägte Wanderungen im Hinterland war es Anfang September ohnehin noch viel zu warm.
Ob wir uns nun wieder daran gewöhnen werden, mehr Urlaub zu machen und weniger aktiv zu reisen? Wohl eher nicht, dafür haben wir das Unterwegs-Sein viel zu liebgewonnen. Aber wahrscheinlich wird sich das Reisen durch das Kind in Zukunft etwas verändern, denn Junior braucht seine Rituale und Pausen. Mal schauen, welche Abenteuer wir noch gemeinsam erleben werden. Und wenn wir dann doch einfach mal „nur“ Urlaub wollen, kehren wir sicherlich auch alle drei noch mal zurück nach Sardinien!
Und sonst? Weitere Tipps für Sardiniens Süden…
So ganz untätig waren wir natürlich nicht. Ein paar Tipps haben wir noch gesammelt für Euch, wenn auch Ihr überlegen solltet, den Süden Sardiniens in Zukunft einmal unsicher machen zu wollen.
Die schönsten Strände und Buchten
- Die Strände von Chia – feine, breite Sandstrände, umgeben von kleineren Dünen und vorgelagerten Lagunen. Viel Platz und diverse Optionen für Wassersport.
- Spiaggia di Tuerredda – einer unserer Lieblingsstrände mit einer hübschen, kleinen und nicht zu teuren Strandbar für einen guten Cappuccino am Morgen oder den lässigen Sundowner zum Ausklang des Tages.
- Spiaggia delle Dune – eine gute Autostunde westlich von Chia findet man blütenweißen Sand und meterhohe Dünen. Die etwas längere Anreise lohnt sich.
- Noch ein wenig weiter ist die Anreise von Chia aus zum Strand von Simius (knapp zwei Stunden bzw. rund eine Autostunde von Cagliari) und trotzdem lohnenswert – ein weiterer Traumstrand, beliebt bei Familien, Surfern und Schnorchel-Freunden.
Ausflüge in die Umgebung
- Ein Ausflug nach Cagliari darf natürlich nicht fehlen auf dem Urlaubsprogramm, oder? Tatsächlich haben wir es nicht geschafft, die Hauptstadt Sardiniens für einen Tag zu besuchen– obwohl wir es uns fest vorgenommen hatten. Dieses „To Do“ nehmen wir uns dann eben für das nächste Mal Sardinien vor!
- Auch an heißen Sommertagen lohnt sich die kurze Wanderung zum Capo Malfatano an der Südküste – der Ausblick vom alten Wehrturm ist atemberaubend und auf der Landzunge liegen viele kleine, versteckte Buchten.
- Frühaufsteher setzen mit der Fähre über auf die vorgelagerte Insel San Pietro. Neben der vielfältigen Landschaft lockt vor allem auch die urige Gemeinde Carloforte mit ihrem eigenen Inseldialekt.
Wer jetzt keine Lust bekommen hat, den (nächsten) Sommer auf Sardinien zu verbringen ist selbst schuld. Wir sind sicher, es gibt noch so viel mehr zu entdecken, so viele Geschichten zu erzählen und so viele Menschen zu treffen. Egal ob Rundreise oder einfach „nur“ Badeurlaub, habt Spaß und macht Euer eigenes Ding draus!