Wild und Frei – im Tiroler Lechtal
Es ist mal wieder soweit – das Fernweh hat mich gepackt. Immerhin ist der letzte Trip nach Thailand schon ein wenig her. Allerhöchste Zeit, die Stadt gegen unberührte Natur, häusliche Treppenstufen gegen hohe Gipfel und Kundentermine gegen Out-Of-Office-Momente einzutauschen.
Gemeinsam mit meinem Freund Holger folge ich dem Ruf der Wildnis und mache mich auf ins Tiroler Lechtal. Namensgeber der Region ist der Lech, der letzte Wildfluss in den nördlichen Kalkalpen. Während man andernorts Flüsse begradigt, lässt man dem Lech seinen freien Lauf. Nicht zuletzt deswegen hat das Lechtal in den vergangenen Jahrzehnten kaum etwas von seiner Ursprünglichkeit verloren. Genau der richtige Ort für eine Auszeit!
Eingebettet in die Lechtaler und Allgäuer Alpen ist die Landschaft geprägt von schroffen Gipfeln, üppigen Almen und tiefen Schluchten. Die Täler wurden durch den Lech geformt, der das Gebiet durchquert und zahlreiche malerische Auenlandschaften und Schotterbänke bildet. Wir staunen nicht schlecht, als wir die Autobahn verlassen und scheinbar von einem Moment auf den anderen in eine andere Welt eintauchen. Nach nur wenigen Fahrminuten fühlt es sich nach Urlaub an. In dem Augenblick wissen wir, dass die kommenden Tage im Lechtal großartig werden, oooyeah.
Unser erster Stopp: die Gemeinde Holzgau. Obwohl der Ort nicht nur durch den Lechweg und den Lechradweg, sondern auch für Wanderer auf dem Weitwanderweg E5 ein wichtiges Etappenziel ist, kann von Massentourismus im Tal wirklich nicht die Rede sein. Es gibt keine großen Bettenburgen und auch die Anzahl an Ferien-Chalets hält sich in Grenzen. Und das, obwohl das Lechtal wirklich ein unvergleichlich schöner Lebensraum ist.
Am Dorfplatz entspannen vereinzelte Gäste bei einem kühlen Getränk, während auf der gegenüberliegenden Wildblumenwiese ein Imker seine Bienenstöcke versorgt. Einige der alten Gebäude im Ortskern sind mit hübschen Wandmalereien verziert. Die etwas oberhalb gelegene Dorfkirche fügt sich perfekt in das Gipfelpanorama ein. Von der Dachterrasse unseres wirklich modernen Zimmers im Posthotel haben wir den perfekten Blick auf das Geschehen. Da das Wetter entgegen der Vorhersage deutlich besser ist als gedacht, lassen wir es uns hier erst einmal gut gehen, bevor wir ganz entspannt die Umgebung erkunden. Entspannung ist keine schlechte Entscheidung, denn nicht alle Facetten des Lechtals sind sanft und gemütlich, wie wir am Folgetag erleben werden.
Welcome to little Canada
Der nächste Morgen begrüßt uns mit echtem „Hundswetter“. Es ist nass, grau und kalt. Dichte Wolken versperren uns den Blick auf die Gipfel. Doch selbst bei dieser Witterung ist es in den Bergen deutlich schöner als in der Großstadt. Fast mysthisch kriechen die Nebelschwaden die Hänge hinauf, hier und da fliegt mal eine Krähe vorbei. Nicht viel los in der Früh in Holzgau.
Doch wer denkt, dass in Holzgau der Hund begraben ist, war noch nicht in Gramais. Mit sage und schreibe 47 Einwohnern – unsere kleine Reihenhaussiedlung hat mehr – trägt der Ort den wunderbaren Titel: kleinste Gemeinde Österreichs. Von der Talstraße kommend fährt man eine gute Viertelstunde ins Nichts. Dann taucht sie auf, die kleine Perle des Lechtals. Wie in einem Bilderbuch liegt das romantische Bergbauerndorf Gramais inmitten von grünen Wiesen zwischen den steil aufragenden Bergflanken der Lechtaler Alpen. Zahlreiche Wildbäche und Wasserfälle sowie fünf Gebirgsseen geben der umliegenden Landschaft einen ganz besonderen Charakter. Die Ruhe, Abgeschiedenheit und Ursprünglichkeit dieser Lage macht das kleine Örtchen zu einem wahren Paradies für Naturliebhaber und Wanderer. So auch für Hubs Lindner, Bergführer und Inhaber der Bergschule Lechtal, unser „Date“ am heutigen Morgen. Hubs kommt nicht allein zum Treffpunkt. Er ist mit dem „Pack“ unterwegs: acht Siberian Huskies.
In seinem früheren Leben war Hubs ein ganz „normaler braver Bürger“. Nach der Schule folgte ein Wirtschaftsinformatik-Studium, Jobs als Berater, IT-Projektleiter, die Karriereleiter immer weiter hinauf bis in den Vorstand einer Holding. Irgendwann wurde der Wunsch nach Veränderung so groß, dass er eine Ausbildung zum Berg- und Skiführer absolvierte und schließlich den Weg zurück zu seinen Wurzeln als Bergbauernbub suchte. Dann kam der erste Husky in sein Leben. Und wie man sieht, blieb es nicht bei einem. Heute sind die Hunde fester Bestandteil des Bergschul-Teams. Sie helfen Hubs und seinen Klienten dabei, schneller die Berge hinaufzukommen. Husky Mountaineering!
Was Hubs mit seinen Hunden anbietet, ist wirklich einmalig – und ein bisschen verrückt. Mit einer speziellen Gurt- und Leinenkonstruktion geht es in die Natur, wo die Hunde sofort Witterung aufnehmen und mit der Jagd beginnen. Oder anders formuliert: Sie ziehen wie wild an der Leine, um schnellstmöglich zur nächsten Kurve oder Kuppe zu kommen. Da könnte ja schließlich Hase warten…
Normalerweise ziehen solche Husky-Gespanne schwere Schlitten durch flache Landschaften. „Canicross“ nennt sich der der Zughundesport, bei dem Fiffi vor dem Herrchen durch Parks und auf Waldwegen rennt. Bei Hubs‘ Husky Mountaineering ist es jedoch nicht EIN Hund, sondern acht. Und jeder seiner Vierbeiner hat eine Zugkraft von über 200 Kilo. Da verwundert es nicht, dass man in dieser XXXL-Canicross-Variante 800 Höhenmeter in 25 Minuten macht.
"Manche bezeichnen mich als Freak. Ich nenne mich Unternehmer."
Hubertus LindnerHolger und ich haben an diesem Vormittag nur zwei Hunde an unserem Hüftgurt gespannt. Dennoch müssen wir brutal gegenarbeiten, um uns auf dem Singletrail über Wurzeln und umgestürzte Bäume nicht die Haxen zu brechen. Sobald wir schneller laufen, werden auch die Hunde schneller. Ich will mir gar nicht ausmalen, was abgeht, wenn wirklich ein Beutetier gesichtet wird, doch Hubs beruhigt uns. Wir machen so viel Krach, dass selbst „das blödeste Vieh“ nicht auf die Idee kommen wird, unsere Wege zu kreuzen. Hoffen wir mal, dass er recht behält.
Unfassbar cool muss die Wintervariante des Husky Mountaineering sein, wenn man mit Tourenski und Hunden am Berg unterwegs ist. Heli- oder Cat-Skiing in Kanada war gestern. Doggy Powdern im Lechtal ist der wahre Hit!
Nach knapp zwei Stunden sind wir zurück am Basecamp der Bergschule. Ob die Jacke innen vom Schweiß oder von außen vom Nieselregen nasser ist? Keine Ahnung. Uns soll es egal sein, der nächste Punkt auf der Tagesordnung heißt Rafting auf dem Lech. Durchschnittliche Wassertemperatur: 6 Grad Celsius.
„In den schönsten Türkisnuancen fließt er durch unser Tal. Manchmal stürmisch, manchmal sanft, aber immer auf seine eigene Art und Weise. Er lässt sich nicht gerne eindämmen und schon gar nicht in seinem Fluss einschränken. Gemeint ist der Lech.“
Wie es Holger und mir auf dem Lechweg – von der Quelle bis zum Fall – und in anderen Ecken des Lechtals ergangen ist, erfahrt ihr in unserem nächsten Bericht. Stay tuned!
Hinweis: Dieser Artikel basiert auf einer Einladung des Tourismusverbands Lechtal zu einer individuellen Pressereise. Er spiegelt jedoch ausschließlich die eigenen Eindrücke und persönlichen Erfahrungen des Autoren wieder.